Kommentar:Geld ist dafür da, Gutes zu tun

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Sechs Milliarden Euro besitzt das Erzbistum. Ist das reich? Ja. Gemessen aber wird die Kirche daran, was sie aus und mit diesem Besitz macht

Von Matthias Drobinski

Die sind so reich! Die Rede über die Kirchen und das Geld hat immer etwas Raunendes. Die Kirchen, die katholische zumal, haben daran ihren Anteil: Viele Jahre hatten die Bistümer wenig Interesse daran, Auskunft über ihren wirklichen Besitz zu geben. Erst, als der Skandal um den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst offenbarte, wie viel Vertrauen dieses Verhalten kostete, setzte das Umdenken ein. Das Erzbistum München und Freising hat nun Transparenz in seine Finanzen gebracht, hat Haben und Soll nach den Vorgaben des Handelsgesetzbuches ermittelt - und siehe da: Die Münchner haben mit etwa sechs Milliarden Euro den größten Besitz aller Bistümer in Deutschland und können nun mit Chicago wetteifern, wer das reichste der Welt ist.

Sechs Milliarden Euro. Ist das reich? Ja, wenn man sieht, mit wie wenig Geld die Kirche in anderen Teilen der Welt lebt. Auch, wenn man an jene Hartz-IV-Bezieher denkt, die von Euro zu Euro rechnen, um über den Monat zu kommen. Es ist schon nicht mehr so reich, wenn man bedenkt, dass das Erzbistum München 15 000 Mitarbeiter hat, dass es viel Geld für Pensionen oder Gebäudesanierungen zurückstellen muss. Es ist nur begrenzt reich, wenn man dorthin schaut, wo wirklicher Reichtum wohnt: August von Finck Junior besitzt angeblich sieben Milliarden Euro - und steht damit auf der Forbes-Liste der reichsten Deutschen doch nur auf Platz 14. Im Grunde sind die evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümer wie ihre Mitglieder: wohlhabend und gut abgesichert für schlechte Zeiten. Das ist nicht unmoralisch, wie überhaupt die neue Finanzarchitektur des Erzbistums für einen anständigen Umgang mit dem Geld spricht. So gesehen haben die Münchner einen guten Job gemacht.

Wenn da nicht dieser Papst Franziskus wäre, der sich eine arme Kirche an der Seite der Armen wünscht - und dessen Berater Kardinal Reinhard Marx aus dem Sechs-Milliarden-Euro-Erzbistum München. Dessen Reichtum ist auch der Reichtum einer der wohlhabendsten Regionen dieser Welt, einer Welt der Kriege, Flüchtlinge und Nöte. Das muss die Kirchenleute jeden Tag jucken wie ein alter Wollpullover: Was macht ihr mit eurem Besitz? Was gebt ihr davon den Armen, den Flüchtlingen, den Kindern in Not? Wer wohnt in euren Häusern, welche Mieten nehmt ihr? Wo legt ihr euer Geld an, welche Formen des Wirtschaftens unterstützt ihr? Und kann es wirklich sein, dass verschuldete Bundesländer an euch immer noch Ausgleich zahlen für Enteignungen von vor 200 Jahren - oder sollte da nicht ein fairer Kompromiss gefunden werden, um diese Zahlungen abzulösen?

Eine Kirche, die um sich selber kreist, wird krank, hat der Papst gesagt. Erst recht eine Kirche, deren Finanzpolitik nur der Vermehrung von Vermögen dient. Daran wird sich messen, ob der Reichtum des Erzbistums angemessen ist oder nicht.

© SZ vom 21.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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