Kommentar:Die Richtung stimmt

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Die Staatsregierung will fünf Standorte für eine neue Philharmonie professionell untersuchen lassen. Das ist die richtige Entscheidung, um eine lang währende Debatte hoffentlich zu einem harmonischen und guten Ende zu führen

Von Christian Krügel

Es ist eine richtige Entscheidung: Die Staatsregierung will fünf Standorte professionell untersuchen lassen, ehe sie sich entscheidet, wo ein neuer Münchner Konzertsaal gebaut werden soll. Das kostet zwar noch einmal drei Monate Zeit - nach jahrelanger Diskussion um das Projekt kommt es darauf aber jetzt auch nicht mehr an. Viel wichtiger ist es, eine belastbare Grundlage für eine Entscheidung zu haben. Ministerpräsident Horst Seehofer hat damit der Versuchung widerstanden, in Sachen Konzertsaal erneut eine Bauchentscheidung zu treffen, die er später bereuen muss.

Im Februar war das schon einmal gewaltig schiefgegangen, als er von der Debatte die Nase voll hatte und Oberbürgermeister Dieter Reiter spontan den Verzicht auf einen Neubau und stattdessen eine Totalsanierung der Gasteig-Philharmonie anbot. Das brachte den beiden die geballte Wut der Musikwelt und nach dem Scheitern Hohn und Spott ein. Diesmal hatte Reiter für die Lösung geworben, rasch einen Konzertsaal im Werksviertel am Ostbahnhof zu bauen. Die Stadt hätte dann ein Ausweichquartier, wenn der Gasteig zugesperrt und saniert werden muss. So spannend die Idee klingt und so angetan Seehofer von dem Vorschlag war: Es ist richtig, sich nicht jetzt schon darauf festzulegen.

Denn es geht bei dem Konzertsaal-Projekt um mehr als nur um ein Ausweichquartier für den Gasteig, auch um mehr als eine Heimstatt für die Orchester des Bayerischen Rundfunks. Eine neue Philharmonie muss ein Musikzentrum für alle Bürger werden, eine Erlebnis- und Ausbildungswelt für Kinder und Jugendliche genauso wie ein Pilgerort für das etablierte Klassikpublikum. Ein solches Zentrum muss nicht nur inhaltlich, sondern auch städtebaulich einen Akzent setzen. Es ist nicht entscheidend, zu welchem Standort man am besten mit Stöckelschuhen und Pelzstola gehen oder wo man nach dem Konzert den besten Brunello trinken kann. Eine neue Philharmonie muss da entstehen, wo sie Strahlkraft entwickeln, eine Attraktion und vielleicht sogar der Motor eines neuen Viertels werden kann.

Eine gründliche Untersuchung der Standorte ist deshalb überfällig. Ihr Ergebnis sollte dazu führen, aus der Kakofonie an Wünschen, Ideen und Bedenken echter und selbst ernannter Konzertsaalfreunde endlich ein harmonisches Ganzes zu machen. Nach 15 Jahren Debatte wäre das nicht zu früh.

© SZ vom 15.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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