Kommentar:Aufklären statt reinwaschen

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Lange Zeit galt das Klinikum Großhadern im deutschlandweiten Skandal um Transplantationen als strahlend-saubere Größe. Das ist nach den jüngsten Vorwürfen anders. Die muss das Krankenhaus nun lückenlos aufklären

Von Christina Berndt

Am Anfang schien es so, als sei das Klinikum Großhadern so sauber, wie man sich das von einem Krankenhaus nicht nur unter hygienischen Aspekten wünscht. Nachdem im Sommer 2012 Schiebereien bei Spenderlebern in Göttingen bekannt geworden waren, blieb es um das Klinikum der Uni München lange ruhig. Dafür geriet dessen Konkurrenz von der TU in den Strudel des Transplantationsskandals, der bis heute Sogkraft entwickelt. Wegen eines schwachen Ärztlichen Direktors, schlechter Öffentlichkeitsarbeit und hausinterner Machtkämpfe wurde das Klinikum rechts der Isar dabei so stark beschädigt, dass es bis heute nicht zu seinem alten Stolz zurückfand. Großhadern schien dagegen die strahlende, saubere Schwester auf der anderen Isarseite zu sein.

Doch wenn die Führungsspitze in Großhadern nicht aufpasst, fängt sie sich den hartnäckigen Keim des Misstrauens ebenfalls ein. Schon bei Lebertransplantationen hatte es in dem 2250-Betten-Bau Ungereimtheiten gegeben. Dann kamen reihenweise Auffälligkeiten bei Herztransplantationen hinzu. Und nun, am vergangenen Freitag, auch noch systematische Fälschungen bei Lungentransplantationen. Für die Lungen schob Großhadern die Verantwortung einer Klinik in Gauting zu. Und auch bei Lebern und Herzen versucht sich das Klinikum herauszureden. Juristen wurden bemüht, Gutachter beauftragt und derart fragwürdige Argumente verbreitet, dass Großhadern dafür sogar von der Deutschen Transplantationsgesellschaft abgewatscht wurde.

Offenbar liegen die Unregelmäßigkeiten einige Jahre zurück. Und es mag sein, dass die Fälschungen bei den Lungenpatienten nur auf einzelne Ärzte aus Gauting zurückgehen, die dies aus Mitleid taten. Aber wenn Ärzte meinen, Daten verändern zu dürfen, zeigt das immer auch, dass in dem System etwas falsch läuft, dass die Beteiligten das Gefühl haben, sie handelten richtig. Zu einem solchen Gefühl trägt es bei, wenn die Führung des Hauses im Nachhinein fragwürdige Methoden beschönigt. Das Klinikum Großhadern hatte bislang einen ausgezeichneten Ruf in Sachen Organtransplantationen. Der formelle Leiter des Transplantationszentrums ist sogar Präsident der internationalen Organverteilungsstelle Eurotransplant. Auch deshalb sollte der Vorstand keinen Zweifel daran lassen, dass Großhadern sich künftig an die Regeln hält. Dazu gehört auch, Verfehlungen klar zu benennen.

© SZ vom 16.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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