Klage wegen Lärmbelästigung:Nachbarn versus Skater

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Der Georg-Freundorfer-Platz ist einer der beliebtesten Szene-Spots der Münchner Skater. Doch den Nachbarn ist der Sport zu laut, sie wollen klagen.

A. Schlaier

Man muss die Ecke nicht schön finden. Das plane, gepflasterte Geviert ist flankiert von grauen, formstrengen Betonbänken. Seine Qualität bezieht der Flecken aus seinem Nutzungspotential. Schon vor Jahren hat sich die Skaterszene das Südende des Georg-Freundorfer-Platzes auf der Schwanthalerhöhe untertan gemacht, den "Spot", wie er im Jargon heißt, regelrecht adoptiert.

Schon jetzt müssen sich die Skater auf dem Georg-Freundorfer-Platz im Westend an feste Zeiten halten. Doch die Nachbarn fühlen sich trotzdem durch den Lärm belästigt und wollen klagen. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Denn eigens für das kultige Vergnügen angelegt wurde er nicht. Münchenweit gilt die Bahn seither gleichwohl als eine der besten für Rollbretter. Weil der Sport aber nicht geräuschlos vonstatten geht, gab es immer wieder Ärger. Den bekam man mit Hilfe von geregelten Skate-Zeiten ganz gut in den Griff.

Einige Anwohner finden dennoch keine Ruhe und fordern jetzt das Aus für den Spot. Die Nachbarn drohen der Stadt mit einer Untätigkeitsklage, weil diese nichts gegen die "unzulässige Lärmbelästigung" unternehme. Unterstützung von der örtlichen Politik bekommen die Kritiker indes nicht.

Skater starten Rettungsaktion "Save the spot"

Die Skater-Szene ist groß und reagierte prompt auf die aktuelle Bedrohung ihres Biotops. Innerhalb von fünf Tagen sind der auf der Seite von Facebook im Internet gestarteten Rettungsaktion "www.save-the-spot.de" 1900 Menschen beigetreten, erzählte Robinson Kuhlmann in der Sitzung des Bezirksausschusses Schwanthalerhöhe, zu der er mit den zwei Kollegen Christian Brauer und Michael Bischofer gekommen war.

Inzwischen sind es mehr als 4400 Unterstützer. Man müsse verstehen, "wir machen einen lauten Sport, aber wir halten uns an die Regeln und weisen Leute, die von außen kommen, auch darauf hin". Ein soziales Netzwerk sei auf der Fläche entstanden. Er, Kuhlmann, mit 31 Jahren zweifacher Vater, zähle zu den Ältesten, "Raphael mit sieben" zu den Jüngsten. Man unterstützt sich. "Wir müssten dankbar sein", sagte Myriam Schippers (Grüne), "dass sich die Jugendlichen auf diese Art und Weise austoben".

Nach Beschwerden wurden die Skate-Zeiten auf dem Platz zwischenzeitilich reglementiert. Ausschließlich von 9 bis 12 Uhr und 15 bis 20 Uhr darf hier durchgebrettert werden. Bezirksausschuss-Chef Ludwig Wörner (SPD) zollte den Nutzern großes Lob: "Dass es den Platz so noch gibt, liegt an Ihnen, weil Sie sich an die Spielregeln halten, wenn auch am Anfang knurrend."

Doch inzwischen, sagt Wörner, habe sich die Rechtssituation geändert. Wenn heute der Platz neu gebaut würde, dürfte er wegen der Abstandsflächen und Lärmschutzvorschriften so nicht mehr realisiert werden. "Rein juristisch kann ich ihnen nicht allzu viele Hoffnungen machen."

Bester Spiel- und Freizeitplatz Deutschlands

Nach der völligen Umgestaltung des Georg-Freundorfer-Platzes 2002 hat sich dessen Südende erst zur Skateanlage entwickelt, sagt Dagmar Lezuo, Sprecherin des Baureferates. "Offensichtlich wegen der Möbelelemente, wie den Umfassungen der Blumenbeete." Man habe dies von offizieller Seite aus toleriert, auch weil im Viertel für Jugendliche nichts Vergleichbares angeboten werden könne.

2006 wurde das gesamte neugestaltete Areal, auf dem sich unter anderem auch Bolz- und Abenteuerspielplatz, Stockschützenbahn und begehbares Schachbrett befinden, zum besten Spiel- und Freizeitplatz Deutschlands gewählt. Die Jury der Stiftung "Lebendige Stadt" hob vor allem die "großzügige und unverkrampfte Gestaltung" hervor, "die diesen Freiraum zur Mitte des gesamten Stadtareals" werden lasse.

Um sich ein Bild von der aktuellen Situation zu machen, trafen sich Vertreter des Bau- sowie des Umweltreferates und des Bezirksausschusses vor Ort. Man habe sich auch über alternativen Lärmschutz Gedanken gemacht, sagt Gerda Stechhammer (SPD). "Es ist praktisch nichts möglich." Als Folge des Treffens wird Baureferates-Sprecherin Lezuo zufolge den Klägern nun angeboten, von einer amtlich anerkannten Messstelle Schallmessungen auf Kosten der Stadt anstellen zu lassen. Weil sich die Skater-Saison dem Ende zuneige, könnte es sinnvoll sein, bis zum Frühjahr damit zu warten. "Wir haben noch keine Rückmeldung auf den Vorschlag von den Klägern", sagt Lezuo.

Zur Befriedung der Fronten schlug man im Bezirksausschuss nun vor, einen Mediator einzusetzen und stimmte gleichzeitig für den Erhalt des Spots. Thomas Hofstätter (CSU) wollte sich seine Polemik an die Adresse der Kläger nicht verkneifen: "Wer im Herzen einer Millionenstadt lebt, kann nicht gleichzeitig die Ruhe eines Luftkurortes fordern." Wem der Lärm zu viel sei, der solle doch aufs Land ziehen.

© SZ vom 06.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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