Klage gegen das Rote Kreuz:Blutspende mit Folgen

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Mit den Risiken beim Blutspenden beschäftigt sich das Oberlandesgericht in München. (Foto: dpa)

Seit einer Blutspende leidet eine 69-jährige Münchnerin an Lähmungserscheinungen und Schmerzen im rechten Arm. Nun verklagt sie das Rote Kreuz - auch wenn ihre Chancen nicht gut stehen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Blut zu spenden, betrachtete die heute 69-jährige Münchnerin jahrelang als eine Art Bürgerpflicht. "Ich war bestimmt 30 oder 40 Mal", erklärte sie am Donnerstag vor dem Medizinsenat des Oberlandesgerichts München. Bis 2008 irgend etwas schief gegangen war und sich an ihrem rechten Arm über Nacht ein riesiger Bluterguss gebildet hatte, wie sie sagt.

Seither komme es immer wieder zu Lähmungserscheinungen und Schmerzen. "Der Arm ist kraftmäßig nicht mehr einsetzbar - Gartenarbeit oder Sport gehen gar nicht mehr." 15 000 Euro Schmerzensgeld will sie vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK). Doch ihre Prozessaussichten sind schlecht.

Mag sein, dass beim Blutabzapfen ein Fehler passiert ist: Die Klägerin vermutet, dass es bei der Korrektur der verrutschten Nadel zu einer zweiten Venenöffnung gekommen sei und so Blut in das umliegende Gewebe strömen konnte.

Doch das ist vor Gericht nicht der Streitpunkt. Vielmehr bemängelt die Frau, dass sie über immanente Risiken nicht ausreichend aufgeklärt worden sei. "Wenn ich gewusst hätte, dass ein derartiges Risiko besteht, hätte ich die Blutspende nicht vornehmen lassen."

Tatsächlich klärt das Rote Kreuz gerade die Vielfachspender nicht jedesmal wie ein Arzt im Gespräch mit seinem Patienten auf. Vielmehr erhalten Dauerspendern ein Infoblatt, das sie lesen und unterschreiben sollen. Mehrfachspender würden bei jeder neuerlichen Blutspende durch diese Unterschrift auf dem aktuellen Anamnesebogen bestätigen, dass ihre Fragen zum Aufklärungsbogen beantwortet worden seien, erklärte das Rote Kreuz in dem Verfahren.

Das Gericht stellt in erster Instanz keinen Behandlungsfehler fest

Die Klägerin habe bei ihrem Spendetermin auch den Eindruck erweckt, sie sei einschlägig informiert. Die Frau bestätigte das in der Verhandlung: "Was hätte ich fragen sollen?" Man erkundige sich doch nicht, ob die einen "kaputt" machen. "Fragen nach Dauerschädigungen wären mir abwegig vorgekommen." An so etwas habe sie doch nie gedacht. "Außerdem musste immer alles schnell, schnell, schnell gehen."

Das Landgericht München I hatte die Klage in erster Instanz abgewiesen: Es sei kein Behandlungsfehler feststellbar. Die Frau habe auf ein mündliches Aufklärungsgespräch verzichtet, mit der Folge, dass der anschließende Eingriff durch eine wirksame Einwilligung gedeckt und somit gerechtfertigt gewesen sei.

Der Anwalt des BRK warf nun auch die Frage auf, ob die behaupteten Probleme mit dem Arm tatsächlich auf die Blutspende zurückzuführen seien. Zumal eine fast vier Jahre alte neurologische Untersuchung nicht viel mehr als eine Reizung des Mittelarmnervs und ein Karpaltunnelsyndrom ergeben hatte: Schmerzen oder Missempfindungen, die von der Hand in den gesamten Arm ausstrahlen, sind dafür typische Symptome. Möglicherweise hätten sich beide Beschwerden rein zufällig parallel entwickelt, fragte sich auch das Gericht.

Dem Vorschlag des Senats, der Klägerin aus reiner Kulanz einen Betrag von 1000 Euro zu bezahlen, wollte der BRK-Anwalt nicht folgen: "Das Rote Kreuz braucht Rechtssicherheit" - das Urteil wäre für alle Münchner Blutspendedienste wichtig.

Das sehen auch die klagende Betroffene und ihr Anwalt so: Da Blutspenden von zahlreichen Bürgern als wichtiger Dienst an der Gesellschaft betrachtet werde, treffe ein solche Urteil bei vielen Spendern auf Interesse.

Das Gericht wird dieses am 20. März verkünden. Doch der Senat erklärte schon jetzt, dass es die Aufklärungspraxis als ausreichend betrachte. Die Klägerin will dann den Bundesgerichtshof anrufen.

© SZ vom 14.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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