Kita-Streit:Richter stärken Rechte von Eltern

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Im Fall der Familie, die Geld für einen Kita-Platz eingeklagt hat, liegt nun die Urteilsbegründung vor. Die Stadt klagt dagegen

Von Melanie Staudinger, München

Wenn eine Krippe mehr als 1000 Euro im Monat für einen Platz verlangt, heißt das nicht zwingend, dass es sich bei der Einrichtung um ein Luxusangebot handelt. Das zumindest sieht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil zum Münchner Kita-Streit so. Im konkreten Fall klagte eine Familie gegen die Stadt, weil diese den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für ihren Sohn nicht erfüllt habe. Die Eltern besorgten selbst einen Platz für monatlich 1380 Euro. Die Stadt aber weigerte sich, die Mehrkosten zu erstatten, da es sich aus ihrer Sicht um eine Luxus-Kita handelt, die selbst bezahlt werden müsse. Dies jedoch verneinten die Richter, deren schriftliche Urteilsbegründung seit Donnerstag vorliegt.

Es sei im vorliegenden Fall nicht ersichtlich, dass in der Gebühr "vermeidbare" Luxusaufwendungen enthalten seien, erklärt der Verwaltungsgerichtshof. Außerdem sei die Kita nicht so viel teurer als ein kommunaler Platz. Der schlage mit 1033 Euro zu Buche. Die Elternbeiträge sind nur deshalb günstiger, weil Stadt und Freistaat die Tagesstätten finanziell unterstützen. Weiter erläutern die Richter, dass private Einrichtungen in einer teuren Stadt wie München oft hohe Kosten für ihre Gebäude hätten. Der Stundensatz in der Einrichtung, um die es bei der Klage ging, habe demnach gerade einmal acht Euro betragen.

Die Richter wollen die Rechte der Eltern grundsätzlich stärken. Sie sollen frei wählen können, ob sie eine Krippe oder eine Tagesmutter wollen. Bisher galt nämlich: Angebot ist Angebot, egal, wie es im Einzelnen aussieht. Außerdem weicht der Verwaltungsgerichtshof die Faustregel auf, wonach für die Strecke von zu Hause in die Einrichtung maximal eine Stunde zumutbar sei. Eigentlich sollten Kitas fußläufig erreichbar sein. Das aber hält die Stadt für nicht umsetzbar, weil vor allem in der Innenstadt Flächen für Krippen fehlten. Das Bildungsreferat befürchtet zudem, dass private Einrichtungen ihre Preise erhöhten, wenn die Stadt stets die Differenz zwischen den niedrigeren städtischen und deren hohen Gebühren übernehmen müsse.

Die schriftliche Urteilsbegründung habe die Eindrücke aus der mündlichen Verhandlung bestätigt, sagte Stadtschulrätin Beatrix Zurek. Die Stadt bleibe bei ihrer Haltung. Weil der Fall eine grundsätzliche Bedeutung hat, soll nun das Bundesverwaltungsgericht entscheiden. Es anzurufen, hat der Stadtrat bereits vergangene Woche beschlossen.

© SZ vom 19.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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