Kinder-Krimifestival:Auf der Jagd nach der Torte

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Die Sechstklässler Philipp Wiedmann und Jakob Haas schreiben gemeinsam Krimis. (Foto: Stephan Rumpf)

Philipp Wiedmann und Jakob Haas haben bereits zweimal den Münchner Kinder-Krimipreis gewonnen

Von Barbara Hordych

Endlich Ferien! Ein Ausruf, den Kinder bereits seit Generationen erleichtert ausstoßen. So auch Paul, der gemeinsam mit seiner Mutter nach Berg fährt, einem kleinen Ort nahe dem Starnberger See. Dort darf er zum ersten Mal alleine bei seinem Großvater Urlaub machen. Auf dem Weg allerdings verflüchtigt sich seine Begeisterung allmählich. "Zwei lange Wochen in einem langweiligen Dörfchen", grübelt er im Auto. Recht bald aber wird er merken, dass diese Ferien sich als spannendes Abenteuer entpuppen. In dem es um nichts weniger geht, als "Eine unglaubliche Entdeckung oder was am 13. 6. 1886 wirklich geschah" - es handelt von den bis heute strittigen Umständen, die zum Tod von König Ludwig II. im Starnberger See führten.

Spekulationen über den Geisteszustand und das Ende des Bayernkönigs gibt es viele - mit Sicherheit aber nur eine Version, die aus der Feder von zwei damals zehnjährigen Buben stammt. Mit der Geschichte gewannen Philipp Wiedmann und Jakob Haas den ersten Preis in ihrer Alterskategorie beim Kinder-Krimipreis 2016. "Zum zweiten Mal schon", sagt der heute elfjährige Philipp, und knufft dabei seinen gleichaltrigen Freund Jakob Haas in die Seite. Die beiden sind befreundet seit ihrer Grundschulzeit in Schwabing, "aber auch da waren wir schon nicht in einer Klasse, sondern nur in der Parallelklasse", stellt Jakob klar. Die Details müssen stimmen, nicht nur beim eigenen Lebensweg, sondern auch in ihren Kriminalgeschichten. "Die eigentlich immer weniger mit den Zutaten Leiche und Mord zu tun haben", überlegt Philipp. Denn in ihrem dritten und neuesten Wettbewerbsbeitrag für den Krimipreis 2017, komme schon gar keine Leiche mehr vor. Wie das?

Die Geschichte spiele in einer Schule, erzählt Philipp. Dort werde ein Junge über sein Handy in ein mysteriöses Spiel hineingezogen. Mehr dürften sie aber jetzt wirklich nicht verraten, sagt Jakob. Dieses Mal haben sie ihr Werk in der höheren Altersstufe eingereicht, bei den Elf- bis Zwölfjährigen. Spannend wird es also werden bei der Preisverleihung am 6. April im Literaturhaus, zu der alle Wettbewerbsteilnehmer eingeladen sind. Mittlerweile besuchen die beiden die weiterführende Schule, allerdings sind sie auch jetzt nicht in derselben Klasse. Philipp geht auf das Oskar-von-Miller-, Jakob gegenüber auf das Maximilians-Gymnasium. Den Schulhof teilen sich die beiden Schulen - "so begegnen wir uns immer wieder", sagt Jakob.

Um gemeinsam Ideen zu entwickeln und sie schließlich zu einer kurzen Geschichte zu verdichten, müssen sie sich aber schon länger treffen. Das sind dann meistens Übernachtungsaktionen am Wochenende. In ihrer ersten Geschichte, die im Rahmen einer Schreibwerkstatt in der Seidlvilla entstand, war alles noch ganz klassisch gestrickt: Schauplatz war Venedig, wo ihr Kommissar Mario am Rosenmontag nach einem Bankeinbruch ermittelt und den Räuber sucht. Philipp kannte Venedig schon aus dem Urlaub, Jakob war begeisterter Leser von Cornelia Funkes Kinderroman "Der Herr der Diebe", der ebenfalls dort spielt. Klar, dass eine wilde Verfolgungsjagd zu Wasser in ihrer ersten Geschichte nicht fehlen durfte.

Als sie dann 2015 im Literaturhaus bei der Preisverleihung saßen und verfolgten, wie die Jury unter dem Vorsitz von Lieselotte Kinskofer aus 200 Einreichungen sechs Preise in drei Altersgruppen verkündete, waren sie sehr aufgeregt. Und konnten es kaum glauben, als sie als Gewinner in der Kategorie der Neun- bis Zehnjährigen aufgerufen wurden. Zunächst dachten sie daran, ihren erfolggekrönten Inspektor Mario in Serie gehen zu lassen und ihm einen zweiten Fall zu geben. Doch dann fanden sie es spannender, sich einen ganz neuen Krimi auszudenken. Nur dass sie erneut mitmachen wollten, stand für sie direkt fest. "Wir wollten unbedingt noch einmal so eine Torte bekommen!", sagt Philipp, und beide Jungs lachen los. Was war so toll an dieser Torte? "Eine richtige Prinzregententorte ist das", präzisiert Jakob. "Mit einem Füllfederhalter und einer roten Blutspur als Logo obendrauf." Nun, die Torte haben sie tatsächlich noch einmal gewonnen, im Jahr darauf mit ihrem historischen Kriminalfall um König Ludwig.

Doch nicht nur das. Die Geschichte des jungen Autoren-Duos wurde vom Bayerischen Rundfunk auch als fünfzehnminütiges Hörspiel produziert und gesendet. Bearbeitet von BR-Redakteurin Geli Schmaus, mit professionellen Sprechern wie Stefan Murr und Heinz-Josef Braun. Jakob durfte dabei die An- und Abmoderation sprechen, Philipp übernahm die Rolle des Paul, der auf dem Dachboden seines Großvaters in einer alten Truhe stöbert. Die gehörte einstmals Jakob Lidl, dem "Leibfischer" des Königs. Wie sich herausstellt, hinterließ er ein Heft mit Tagebuchaufzeichnungen, das beweist, dass der König mitnichten geisteskrank war, sondern seine Flucht plante und einem Komplott zum Opfer fiel. "Das Irre war, dass einige Monate später tatsächlich ein Brief gefunden wurde, von Ludwig, der bewies, dass der König kurz vor seinem Tod gar nicht irre war." Das haben die beiden Nachwuchsautoren über ihre Eltern aus der Zeitung erfahren. Im Sommer 2016 tauchte der wohl letzte Brief des Königs auf, ein Hilferuf an seinen Vetter Prinz Ludwig Ferdinand, verfasst drei Tage vor seinem Tod im Starnberger See. Noch heute sind die beiden Freunde verblüfft darüber, dass sie der Realität ein bisschen voraus waren.

© SZ vom 24.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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