"Karla 51": Kündigung:Frauenobdach weicht Arbeiterwohnheim

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In der "Karla 51" finden Frauen in Not Obdach und Hilfe. Nun verliert die Einrichtung selbst ihr Zuhause. Die Versicherung gibt der Stadt die Schuld an der Kündigung.

Bernd Kastner

Aus dem Frauenobdach Karla 51 soll vorläufig ein Arbeiterwohnheim werden. Dies kündigte der Investor an, der das Anwesen erworben hat. Die Bayrische Beamten Lebensversicherung (BBV) hat als bisheriger Eigentümer den Mietvertrag mit der Stadt zum November gekündigt, so dass Karla 51, das vom Evangelischen Hilfswerk betrieben wird und als Vorzeigeprojekt gilt, nach 15 Jahren ausziehen muss.

Ein Koffer, eine Tasche, viel mehr besitzen die Frauen oft nicht. (Foto: Robert Haas)

Christian Heimbach, der mit zwei Partnern das Anwesen Karlstraße 51 erworben hat, widerspricht Gerüchten, dass ihn die etwa 40 hilfsbedürftigen Frauen störten, weil er das Nachbarhaus gerade aufwendig saniere. Heimbach macht aus der Nummer 49, zusammen mit einem anderen Unternehmer, das "Karl Palais". Zwischen 7000 und 8900 Euro pro Quadratmeter kosten die luxuriösen Altbauwohnungen.

Heimbach betont, dass er die Karlstraße 51 auch mit dem Frauen-Projekt als Nutzer erworben hätte. Dafür habe er auch ein Angebot abgegeben, das sei der BBV aber zu niedrig gewesen. Als diese ihn informiert habe, dass der Mietvertrag auslaufe, habe er sein Angebot um rund 20 Prozent erhöht. Daraufhin sei man sich schnell einig gewesen, es war "ein untypisch schneller Kauf". Der sei eigentlich weder von der BBV noch von ihm geplant gewesen. In Kontakt sei man eher zufällig gekommen, weil die BBV ihn aufgefordert habe, eine eventuelle Mietminderung der Stadt wegen des Baulärms in Nummer 49 auszugleichen.

Immobilienunternehmer Heimbach sagt, er plane derzeit keinen Abriss der Karlstraße 51. Vielmehr wolle er in die bisher von den Frauen bewohnten Räume schon von November an Bauarbeiter und Handwerker von Firmen unterbringen, die für ihn an verschiedenen Stellen in der Stadt tätig seien. Deshalb habe er auch das Mobiliar der Karla 51 erworben. Längerfristige Pläne habe er noch nicht. Dass dort bislang hilfsbedürftige Frauen leben, sei ihm bekannt gewesen. Angesprochen auf seine soziale Verantwortung als Vermieter sagte er: "Ich habe mich nicht mit den Mietern befasst. Ich habe ein Haus erworben mit einem auslaufenden Mietvertrag, nicht mehr und nicht weniger." Die Kündigung sei Sache der BBV.

Der Vertrag zwischen BBV und Stadt hätte sich über November hinaus um ein Jahr verlängert, wenn beide Seiten nichts unternommen hätten. Die Stadt kritisiert die BBV, weil diese weder Verkauf noch Kündigung vorab signalisiert habe. BBV-Vorstand Jan Peter Heck aber gibt den Schwarzen Peter zurück: Warum ist die Stadt nicht auf den Vermieter zugekommen, um einen neuen, langjährigen Vertrag auszuhandeln? Soll heißen: Die Stadt ist selbst schuld, dass Karla 51 jetzt ein großes Problem hat.

Sozialreferentin Brigitte Meier (SPD) weist das empört zurück. Sie habe keine Veranlassung gehabt, von sich aus zu handeln. Es sei "völlig üblich", dass nach 15 Jahren ein Vermieter den Mieter über seine Pläne informiere. Die Stadt hätte laut Meier das Objekt ja auch selbst gekauft. Das Verhalten der BBV betrachtet sie offenbar als Verstoß gegen die guten Sitten im Immobiliengeschäft. Nun wolle sie in Verhandlungen mit dem neuen Eigentümer versuchen, den Verbleib der Karla zu erreichen oder zumindest eine längere Auszugsfrist.Heimbach, der sich wie der BBV-Chef über die Untätigkeit der Stadt wundert, sagt: "Ich versuche Wege zu finden." Voraussetzung aber sei ein Engagement der Stadt. Erste Gespräche laufen.

Weitere Artikel zu dem Thema finden Sie in der Süddeutschen Zeitung vom 7. Juli 2011.

© SZ vom 07.07.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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