Jahresbilanz der Hoteliers und Wirte:Boom und Bedenken

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Gibt 2019 sein Amt ab: Conrad Mayer, Hotelier und Kreisvorsitzender des Gaststättenverbands. (Foto: Robert Haas)

Gastronomen haben Grund zum Feiern - aber auch zur Klage

Von Franz Kotteder

Krise? Welche Krise? Im Jahr 2016 herrschte ein wenig Stagnation auf dem erfolgsverwöhnten Tourismusmarkt in München, die Übernachtungszahlen stiegen nach diversen Terrorakten in Europa und den neun Morden am Münchner OEZ erstmals nicht wie gewohnt an. Im Jahr darauf aber wieder das übliche Bild: 15,6 Millionen Übernachtungen in der Stadt, fast zwölf Prozent mehr als im Jahr davor. Gut acht Millionen davon gingen auf das Konto von Gästen aus dem Inland, 7,7 Millionen auf das von Touristen aus dem Ausland. Die stärkste Gruppe unter ihnen sind nach wie vor die US-Amerikaner, sie machen fast eine Million Übernachtungen aus, im Jahr 2017 waren das 19,4 Prozent mehr als im Jahr davor. Stärker noch wuchs die Zahl der Gäste aus Russland, mit 367 000 Übernachtungen machte die Zunahme gar mehr als 37 Prozent aus. Starke Zuwächse gab es auch bei Gästen aus den arabischen Golfstaaten, aus Großbritannien, Italien und China.

Eigentlich also eine rundum positive Bilanz, die Conrad Mayer, der Kreisvorsitzende des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands für München und das Umland, bei der Jahreshauptversammlung im Paulaner am Nockherberg vorstellte. Aber der uneingeschränkte Jubel ist die Sache eines Gastronomen nicht. Es gibt ja doch auch immer Grund zu klagen. Mayer macht sich unter anderem Sorgen über die weltpolitische Lage, die die Zukunftschancen für die Tourismusbranche beeinträchtigen könnten, vom Brexit bis zu den Handelskriegen des Donald Trump. Auch der Hotelboom in München ist nicht unproblematisch: "Es gibt in der Stadt derzeit 434 Beherbergungsbetriebe mit knapp 75 000 Betten", sagt Mayer, "und ein Ende des extremen Wachstums ist nicht in Sicht." In den nächsten drei bis fünf Jahren seien nicht weniger als 60 neue Hotelprojekte im Raum München geplant. Das habe deutliche Auswirkungen auf die Branche. Mayer: "Für uns Hoteliers bedeutet das: Auch bei den größten Messen sind nicht alle Zimmer automatisch schon belegt."

Grund zur Sorge gibt es aber nach Ansicht des Bundesvorsitzenden des Hotel- und Gaststättenverbands, Guido Zöllick, auch wegen unflexibler Arbeitszeitregelungen und des großen Personalmangels in der gesamten Gastronomie, aber auch die aus seiner Sicht unsinnige Besteuerung von zubereiteten Lebensmitteln in Gaststätten mit 19 Prozent im Unterschied zu Snacks in Supermärkten, die nur der siebenprozentigen Mehrwertsteuer unterliegen. Bürokratieabbau und Fachkräftesicherung sei deshalb eine wichtige Aufgabe für den Verband. Und ein bisschen neidisch blickte Zöllick bei seinem ersten Besuch auch auf die Münchner Kollegen: "Ihr seid ein leuchtendes Beispiel dafür, dass Lobbyarbeit erfolgreich sein kann. Das neue 30-Millionen-Programm eurer Landesregierung für Gaststätten ist sehr beachtlich."

Die Münchner Lobbyarbeit muss vom kommenden Frühjahr an jedoch ein anderer Kreisvorsitzender übernehmen. Conrad Mayer kündigte bereits an, nach 15 Jahren im Amt bei den Neuwahlen im kommenden Jahr nicht noch einmal zu kandidieren.

© SZ vom 08.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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