Innenansicht:Wurstbürgers Welt

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Es soll schon Familien geben, die eine mehrwöchige Kreuzfahrt den Münchner Weihnachtsmärkten vorziehen - weil die Fressbuden zu teuer sind. Mit ein paar Tricks lässt sich selbbst bei Tollwood noch Geld sparen

Von Dominik Hutter

Es soll doch tatsächlich Leute geben, die ihren Reichtum in teuren Restaurants heraushängen lassen. Drollig! Wahre Dekadenz findet längst woanders statt: auf den Straßen und Plätzen, wo die Münchner dicht gedrängt vor alpinen Kitschhütten stehen und im Schatten überquillender Mülleimer fettes Zeug in sich hineinschaufeln. Und dafür noch Summen bezahlen, die andere gerne für ihr Einfamilienhaus in der Uckermark bekommen würden. Erste Münchner Familien sollen in der Adventszeit schon auf mehrwöchige Kreuzfahrten ausgewichen sein, weil sie sich die Weihnachtsmärkte nicht mehr leisten können.

Prominentestes Beispiel: der Jahresendzeit-Basar der Besserverdienenden, auch Tollwood genannt. Dort gibt es polnische Würste, die so aussehen, als hätten sie bereits Jarosław Kaczyński geformt - zu Preisen, bei denen die Frage aufkommt, ob das Geld nicht in einer schlank machenden Schachtel Zigaretten oder einem Kinobesuch besser angelegt wäre. Gekauft werden die Mordsdinger trotzdem, schließlich ist es im Umkreis von mehreren hundert Metern nirgendwo wirklich billiger. Dafür ist alles echt öko, vielleicht mit Ausnahme der Theresienwiese selbst, die ja ein ziemlich bodenständiges Äußeres aufweist. Weihnachts- und Wintermärkte muss man sich eben leisten können. In der Originalkrippe zu Bethlehem kamen Ochs und Esel ja auch nicht aus der Gefriertruhe.

Sparfüchse bunkern im Auto gerne eine kleine Mikrowelle, die über den Zigarettenanzünder funktioniert. In der ist eine schmackhafte Dose Ravioli in wenigen Sekunden erwärmt - die Familie wird satt, hat ihr adventliches Marktvergnügen, und nicht einmal der pubertierende Sohn kommt in Versuchung, das Geld für ein Ökowurstgelage auf illegalem Weg aufzutreiben. Am Marienplatz empfiehlt sich der MVV-Packerlbus. Darin kann man bequem den Inhalt des heimischen Kühlschranks deponieren, um nach dem Marktbummel eine Stärkung parat zu haben. Und wer wirklich sparen will: Rund um die Christkindlmärkte gibt es zahlreiche Lokale. Die haben auch Essen.

© SZ vom 21.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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