Innenansicht:Regieren durch Nichtstun

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Die Experten sagen: Geht, wenn überhaupt, nur sehr schlecht. Die Staatsregierung sagt: Na gut, dann tun wir jetzt nichts und warten mal, ob sich was tut. Das ist die neueste Marschrichtung in Sachen Konzertsaal

Von Franz Kotteder

Seehofer gibt sich bockig: So könnte man zusammenfassen, was Kunstminister Ludwig Spaenle (CSU) am Mittwoch dem Landtagsausschuss für Wissenschaft und Kunst in Sachen Konzertsaal berichtete. Die Staatsregierung, so Spaenle, habe "zur Kenntnis genommen", dass das jüngste Gutachten die sogenannte Zwillingslösung für machbar, aber nicht sinnvoll halte. Münchner Philharmoniker und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks könnten demnach gemeinsam eine runderneuerte Gasteig-Philharmonie und einen sanierten Herkulessaal bespielen, müssten aber beide verschiedene Einbußen in Kauf nehmen. Für die Staatsregierung ist das kein Grund, die Zwillingslösung zu beerdigen, und sie will auch keine weiteren, eigenen Standortvorschläge machen. Die sollten vielmehr "aus der Mitte der Bürgerschaft" kommen.

Ein bisschen wenig für einen Ministerpräsidenten, der sich den Neubau eines Konzertsaals zum Ziel gesetzt hatte. Offenbar will Seehofer erst die anderen machen lassen. Münchens SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter darf mit dem Stadtrat nun die Zwillingslösung verwerfen. Weitere Vorschläge dürfen dann von anderen gemacht und wieder anderen zerredet werden, ohne dass sich Seehofer dabei eine blutige Nase holt. Kristallisiert sich aber eine Lösung heraus, die auf breite Zustimmung stößt, dann kann er immer noch sagen: "Sehet, das ist bürgerschaftliches Engagement, wie ein Landesvater es sich wünscht!"

Die Landtagsopposition war etwas ratlos ob dieses Verhaltens. Der Grüne Sepp Dürr brachte es auf den Punkt: "Wenn ihr schon nicht regieren wollt, dann lasst doch andere ran!" Von den CSU-Kollegen im Ausschuss kam kein Widerwort. Minister Spaenle allein wagte noch einen zaghaften Versuch des Regierens: Er will noch einmal prüfen lassen, ob der Konzertsaal nicht doch in den Olympiapark passen könnte. Mit den neuen Mehrheiten im Rathaus ließe sich da vielleicht was machen, meinte er. Hört sich aber auch nicht nach einer machtvollen Demonstration des guten Willens an.

© SZ vom 07.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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