Hauptbahnhof:Tausche Totengeld

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Zwei Männer scheitern beim Versuch, Blüten zu wechseln

Von Martin Bernstein

1000 Euro kosten nur ein paar Cent. Und manchmal liegt das Geld sogar auf der Straße. Oder in einem Papierkorb, wo zwei Männer es am Sonntag gefunden haben wollen. Ein "unerwarteter Geldsegen", über den sie sich sehr gefreut hätten, wie die beiden treuherzig versicherten? Tatsächlich wird dem vermeintlichen Geld segensreiche Wirkung zugeschrieben - allerdings weit weniger materieller Art, als die beiden Männer vermuteten. Es war nämlich Totengeld.

Unter Chinesen ist es Brauch, bei Bestattungen und beim Qingming-Fest Anfang April auf Friedhöfen oder in Tempeln papierene Nachbildungen all der Dinge zu verbrennen, die für den Verstorbenen wichtig waren. Wie im Diesseits, so auch im Jenseits. Papphäuschen, Autos, Drucke, auf denen Elektrogeräte zu sehen sind, sogar Goldbarren. Und eben Geldscheine, Totengeld. Die Scheine ähneln echtem Geld, haben aber zusätzliche Aufdrucke oder andere Bilder. Verbrannt werden inzwischen nicht nur Scheine, die der offiziell "Renminbi" genannten chinesischen Währung Yuan ähneln, sondern auch Dollar oder Euro. So wie im Münchner Fall.

Bis dahin wäre die Sache noch legal gewesen. Totengeld zu besitzen oder zu verbrennen ist nicht strafbar. Schließlich sollen ja nur die Toten im Jenseits davon profitieren. Das wiederum soll die Ahnengeister den Lebenden gegenüber wohlgesonnen stimmen. Im Diesseits die Blüten in Umlauf bringen darf man aber nicht. Genau das versuchten die 25 und 40 Jahre alten Slowaken bei einer Bank im Hauptbahnhof, die am Sonntagabend offen hatte. Ein paar tausend "Euro" wollten die beiden wechseln. Die 29 Jahre alte Bankangestellte merkte freilich schnell, dass die Scheine nicht für diese Welt gemacht waren, und rief die Polizei.

© SZ vom 14.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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