Hauptbahnhof:Jede Meinung zählt

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In der nächtlich beleuchteten Schillerstraße fühlen sich Touristen wie Einheimische nicht immer sicher. (Foto: Robert Haas)

Forschungsprojekt befragt Münchner zur Lebensqualität im Bahnhofsviertel

Von Thomas Anlauf

Eigentlich könnte ein Bahnhof die Visitenkarte einer Stadt sein. Das Gebäude und das Umfeld eines Bahnhofs sind der erste Eindruck, den Reisende bei ihrer Ankunft von einer Stadt bekommen. Doch oft denken Fahrgäste, wenn sie in München ankommen, eher, schnell aus der Gegend zu verschwinden. Viele fühlen sich unwohl, manche befürchten sogar, am Bahnhof Opfer eines Verbrechens werden zu können. Dabei spricht die Polizei davon, dass es zuletzt deutlich sicherer geworden ist, was auch an der starken Polizeipräsenz und dem strengen abendlichen Alkoholverbot liegt. Andererseits befinden sich fast zwei Drittel aller Münchner Hotels im Bahnhofsviertel, die Gäste schätzen offenbar die gute Verkehrsanbindung und das internationale Flair der Gegend. Wie sicher sich tatsächlich die Münchner rund um Bayer- und Arnulfstraße fühlen, soll nun ein bundesweites Forschungsprojekt zeigen, das in diesen Tagen mit einer großen Bürgerbefragung startet.

Insgesamt 12 000 Fragebögen werden stadtweit an zufällig ausgewählte Haushalte verschickt. Die Befragten sollen Auskünfte zu ihrem Sicherheitsempfinden, zu ihrem Lebensgefühl sowie zu "kriminalpräventiven und städtebaulichen Maßnahmen" insbesondere im Bahnhofsviertel erteilen, wie das Rathaus mitteilt. Das Projekt "SiBa - Sicherheit im Bahnhofsviertel" steht unter der Leitung der Stiftungsprofessur für Kriminalprävention und Risikomanagement an der Universität Tübingen. An der auf drei Jahre angelegten Studie ist auch der Lehrstuhl für Bevölkerungsschutz, Katastrophenhilfe und Objektsicherheit an der Bergischen Universität Wuppertal beteiligt. Dass Bahnhöfe oft Konflikte bergen, liegt laut Tim Lukas von der Bergischen Universität daran, dass "sie Knotenpunkt für Reisende und Anziehungspunkt für die unterschiedlichsten Menschen einer Stadt mit ihren je unterschiedlichen Aufenthaltsabsichten sind".

Außer den Umfragen soll es auch Interviews mit unterschiedlichen Gruppen im Bahnhofsumfeld, außerdem Begehungen und Workshops geben. Letztlich sollen Handlungskonzepte entwickelt werden, wie die Bahnhofsgegend nicht nur sicherer gemacht wird, sondern auch mehr Aufenthalts- und Lebensqualität bietet. Die Deutsche Bahn macht hier gerade einen Anfang: Am Sonntagabend wurde der südliche Ausgang des Hauptbahnhofs gesperrt, er soll nun ein neues Vordach mitsamt neuer Schrift erhalten, die Rampe sowie die Brüstung werden modernisiert und der Zugang zu den Toiletten im Untergeschoss saniert. Raucher erhalten zudem im Eingangsbereich eine Raucherecke.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte bundesweite Forschungsprojekt untersucht nicht nur den Münchner Hauptbahnhof, auch die Bahnhofsgegenden von Düsseldorf und Leipzig werden unter die Lupe genommen.

© SZ vom 05.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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