Großes Spektakel:Mehr als warme Worte

Stadt bezuschusst "Various Voices"-Chorfestival mit 200 000 Euro

Von Michael Zirnstein

Vom "Various Voices"-Festival anno 1997 in München schwärmen die Teilnehmer wie Medaillengewinner von den Olympischen Spielen. "Ein unglaubliches Event", erinnert sich Rosa-Liste-Stadtrat Thomas Niederbühl, der noch alte Plakate und CDs hütet. So war es keine Frage, dass etliche der Aktiven von damals das europäische Chor-Spektakel der Homo-, Bi-, Inter- und Transsexuellen-Gemeinde (LGBTI) erneut austragen wollten. Wie bei einer Olympia-Bewerbung präsentierten sie München 2014 in Dublin - und nahmen Mitbewerber Brighton in Lederhosen und in Dirndl die Ehre ab. So steigt heuer von 9. bis 13. Mai das "14. Various Voices (VV)" mit 2700 Teilnehmern in 90 Chören aus 19 Ländern in München.

Es sei kein Zufall, sagte Kulturreferent Hans-Georg Küppers bei der Programmpräsentation im Gasteig, dass das Festival hier stattfinde. "München wird von außen oft als konservativ betrachtet, aber in diesem Bereich sind wir ganz weit vorne." Das Chor-Festival stehe für die Freiheit der Lebensweisen. "Für alle, die ihre Stimme für Toleranz und Respekt erheben, möchte München der Resonanzraum sein." Deswegen begleitet die Stadt das Festival "nicht nur mit warmen Worten", sondern unterstützt es mit bis zu 200 000 Euro. Damit allein ist solch ein Riesenprojekt aber nicht zu stemmen: Seit 2013 arbeiten kontinuierlich 80 bis 90 ehrenamtliche Helfer an der Verwirklichung, berichtete Martina Kohlhuber aus dem Vorstand des VV-Trägervereins. Gastgeber sind auch vier schwule, lesbische oder gemischte Chöre aus München - Philhomoniker, Melodiva, Lilamunde und Regenbogenchor. Solche Gemeinschaften seien ein Stück Heimat, erklärte Kohlhuber, gerade Zuzügler suchten hier nach Anschluss. Was in München zum guten Ton gehört, kann in anderen Ländern gerade Osteuropas nur im Geheimen stattfinden. Der "VV 2018"-Verein hat daher nicht nur die Gründung des ersten LGBTI-Chors in Münchens Partnerstadt Kiev unterstützt, der dort nicht öffentlich auftreten darf. Die Münchner haben auch vier ukrainische Chöre zum Festival eingeladen und die Reise finanziell unterstützt - zum Teil werden noch private Unterkünfte gesucht (ebenso wie freiwillige Helfer).

Sänger von Island bis Mallorca, von Australien bis Amerika, von den Kessen Berlinessen bis zu den Karlsruher Schrillmännern treten nach der Eröffnungsgala mit den Schwuhplattlern, Patrick Lindner, Münchner Chören und mehr am 9. Mai drei Tage lang im Halbstundentakt in allen Sälen das Gasteigs, in der Stadt und bei Dampfer-Ausflügen am Starnberger See auf. Weitere Höhepunkte sind zwei Konzerte in der Philharmonie, bei denen zehn Chöre auf die bärtige Pop-Diva Conchita und den Countertenor Andreas Scholl treffen (11. Mai), ein Gasteig-Clubbing mit Live-Übertragung des Eurovision-Song-Contests (12. Mai) und die ganztägigen Freiluftkonzerte am 12. Mai: Bei "München singt!" auf Odeonsplatz und Max-Joseph-Platz (mit Biergarten) sollen am Abend 4000 Teilnehmer vor bis zu 14 000 Besuchern die "Carmina Burana" schmettern. Der Eintritt ist frei, interessierte Sänger (auch heterosexuelle) dürfen sich gerne noch melden. Dabeisein ist alles.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: