Großer MVG-Streik:Das Nachtnetz wird zum Tagnetz

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Am Freitag bleiben alle U-Bahn- und Trambahnwagen im Depot. Auf den wichtigsten Linien werden Privatbusse eingesetzt - doch Chaos ist programmiert.

Dominik Hutter

Wohl denen, die die Woche auf der Skipiste verbringen dürfen: Denn die Daheimgebliebenen müssen sich am Freitag erneut auf verstopfte Straßen, winterliche Radltouren oder ein spartanisches Bus-Notnetz einstellen - bei der MVG wird wieder gestreikt, diesmal 24 Stunden lang. Die S-Bahn ist von dem Ausstand nicht betroffen.

Warnstreik bei der MVG: Am Freitag fahren keine U- und Trambahnen. (Foto: Foto: ahed)

480 U-Bahn-Waggons und knapp 80 Tramzüge werden den gesamten Freitag in den Depots verbringen, alle 94 U-Bahn-Stationen bleiben aus Sicherheitsgründen geschlossen. Von den 380 Linienbussen werden lediglich rund 200 im Einsatz sein - sie gehören Privatunternehmen mit separatem Tarifvertrag, deren Belegschaften am aktuellen Arbeitskampf nicht beteiligt sind.

Mit diesen Fahrzeugen haben die MVG-Verantwortlichen, wie beim jüngsten Warnstreik am 3. Februar, auch diesmal wieder ein provisorisches Busnetz gestrickt, um während des Totalausfalls von U-Bahn und Tram zumindest die allerwichtigsten Strecken zu bedienen. Lediglich zehn Prozent des gewohnten Angebots stehen am Freitag noch zur Verfügung - nur gut, dass wegen der Ferien auch die Zahl der Fahrgäste geringer ist.

Trotzdem wird es eng zugehen rund um die Wartehäuschen und vor allem in den Fahrzeugen, für die die MVG nicht einmal eine Stehplatzgarantie abgeben will. Also Vorsicht: Manchem allzu zaghaften Drängler kann es blühen, auf den nächsten Bus warten zu müssen - und wer sich auf Fahrpläne und regelmäßige Takte verlässt, strapaziert seinen Realitätssinn aufs äußerste. Die knapp 50 Linien des Notnetzes sollen, falls es das mutmaßlich lebhafte Geschehen auf den Straßen erlaubt, alle 20 bis 40 Minuten fahren. Lediglich entlang der wichtigen Tramstrecken ist ein Zehn-Minuten-Abstand geplant.

Wichtigster Pfeiler des Streikprovisoriums ist das Wochenend-Nachtliniennetz. Vier Tram- und sieben Buslinien, die für gewöhnlich Partyvolk kutschieren, gehören ausnahmsweise auch tagsüber zum Programm - statt der Tramzüge werden allerdings Busse eingesetzt.

Wer selten spätabends um die Blöcke streift, sollte rechtzeitig einen Blick in die an den Haltestellen ausgehängten Nachtfahrpläne riskieren. Denn die Linienführung weicht teilweise vom gewohnten Tagesnetz ab. Weitere Bestandteile des Notsystems sind die Metrobusse, die man an den zweistelligen Linienziffern erkennt (neun von elf Linien), sowie 23 von 57Stadtbuslinien (dreistellige Linienziffern). Details folgen in der morgigen SZ oder sind im Internet unter www.mvg-mobil.de abrufbar.

Zum Streik aufgerufen sind etwa 1000 Beschäftigte der MVG. Einige davon werden, ohne in den Verdacht des Streikbrechens zu geraten, trotzdem ihren Dienst versehen - die Gewerkschaft Verdi hat eine Notdienstvereinbarung mit der MVG abgeschlossen. Es wird also einen Wachdienst geben, der auf die verwaisten Tunnel und Bahnsteige achtgibt.

Und falls jemand in einem Aufzug steckenbleibt, werden ebenso Einsatzkräfte ausrücken wie in dem seltenen Fall, dass ein Lastwagen den Fahrdraht der Tram herunterreißt. Gestreikt wird am Freitag übrigens nicht nur in München, sondern unter anderem auch in Dachau, Augsburg, Nürnberg, Fürth und Erlangen.

Die Nahverkehrsbeschäftigten fordern 9,5 Prozent mehr Lohn, mindestens aber 250 Euro, sowie erhöhte Schichtzulagen. Die Gegenseite am Verhandlungstisch, der Kommunale Arbeitgeberverband, hat nach Verdi-Angaben bisher nur ein "völlig unzureichendes Angebot" gemacht, das schon an Provokation grenze. Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 2.März vereinbart. Sollten dabei keine Fortschritte erzielt werden, droht ein unbefristeter Streik im Nahverkehr.

Bei dem bereits für diesen Donnerstag angesetzten Ausstand der Landesbeamten sind die Auswirkungen schwer vorherzusagen. Denkbar wäre nach Gewerkschaftsangaben, dass in den Unikliniken kleinere Operationen verschoben werden oder dass die Wartezeiten in den Ambulanzen länger sind. Studenten müssen damit rechnen, hungrig vor geschlossenen Mensen zu stehen. Auch der Winterdienst auf Landstraßen und Autobahnen könnte an Qualität verlieren. Komplett ungeräumte Straßen, versichert Münchens Verdi-Chef Heinrich Birner, werde es aber nicht geben. Auch an Streiktagen stehe stets ein Notdienst bereit.

© SZ vom 25.02.2009/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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