Gestaltung des Gasteigs:Ab aufs Dach

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Kräutergarten, Klettersteig, Freilichtbühne oder Aussichtspavillon: Den freien Blick auf die Isar genießt selten jemand vom Dach des Gasteigs, dabei bietet es viele Möglichkeiten. Studenten haben Konzepte entworfen

Von Wiebke Harms

Vergangenen Herbst durchquerte Eugen Happacher abends die Glashalle im ersten Stock des Gasteigs. Er hatte gerade den Film "Metropolis" geschaut, der in einer futuristischen Großstadt spielt. Auf dem Weg nach draußen überkam auch Happacher eine Zukunftsvision: Um ihn herum saßen Frauen und Männer auf dem Boden und arbeiteten an ihren Laptops. Ihnen blieb kein anderer Ort, denn die Bibliothek und andere Aufenthaltsräume hatten längst geschlossen.

"Warum gibt es in München keinen Raum, in dem man an sieben Tagen in der Woche 24 Stunden lang arbeiten kann?", fragte sich der Architekturstudent. Auf dem Gasteig-Dach beispielsweise. Platz wäre dort genügend.

Eugen Happacher ist nicht der einzige, den das Dach des Gasteigs zum Grübeln anregt. Dabei spricht München sonst eher über den Konzertsaal im Gebäude. "Muss das Dach ungenutzt sein?", fragt sich auch die Gasteig-Geschäftsführerin Brigitte von Welser seit Jahren. "Wie könnten wir ein Sternchen in München setzten?", lautet eine Frage der Professorin Maria Auböck. Gleich elf Antwortmöglichkeiten haben ebenso viele Studenten in einem Seminar an der Akademie der Bildenden Künste unter Anleitung von Auböck gefunden.

Seit Herbst 2014 haben Happacher und seine Mitstudenten an Modellen gearbeitet, die zeigen, was auf dem Dach des Gasteig los sein könnte. Ein Schwimmbad fände dort Platz, Hotelzimmer, ein Tanzstudio - oder eben Happachers Arbeitsraum, den er "Gasteig Plus" getauft hat. In seinem Modell umarmt ein neuer Raum den Gasteig, über einen eigenen Aufgang können die Besucher jederzeit eintreten und an Gruppen- und Einzeltischen arbeiten. Noch bis zum 18. Juni sind die Modelle als Ausstellung "Rooftop.action!" im Foyer des Gasteig zu sehen. Dort, wo Eugen Happacher auch die Idee zu seinem Modell kam.

"Das ist eine Ausstellung ganz nach meinem Geschmack: dynamisch und kreativ", sagt die Geschäftsführerin Welser. Bislang wachsen auf dem Dach des Gasteig hauptsächlich Gräser und Sträucher, den freien Blick auf die Isar genießt selten jemand. Immerhin hegen die Hausmeister einen Kräutergarten. Der hat die Studentin Simone Rechinger zu ihrem Entwurf "Kraut auf der Dachhaut" inspiriert, einem Gewächshaus mit Kochstudio und Kräuterladen. In vielen Städten werden Dächer bewirtschaftet. In Kairo beispielsweise gebe es eine richtige Parallelwelt auf den Dächern, erzählt Rechinger. In der ägyptischen Hauptstadt ist der Platz so knapp, dass ihr die Einwohner auf die Dächer steigen. Auch München wächst. "Hier denkt man selten über die Dächer nach", sagt Welser.

Die Studenten hingegen haben sich viele Gedanken gemacht. Immer mittwochs traf sich die Seminargruppe. Sie gaben einander Tipps und diskutierten Ideen und Skizzen. Die elf Frauen und Männer haben beispielsweise auch Materialien recherchiert. Melina Regenscheidt erdachte für ihre Idee gar ein neues Griffsystem für Kletterwände. Zu einer solchen will sie die Fassade des Gasteigs nämlich umrüsten, mit verschiedenen Gerüsten und Netzen auf dem Dach.

"Der Gasteig ist eine Burg der Kultur. Aber von außen sieht keiner, was drinnen alles passiert", sagt Aaron Jungblut-Klemm. Seine Lösung: eine Freilichtbühne auf dem Dach. In seinem Modell sitzen die Zuschauer auf einer Tribüne in einem Trichter aus Stahlgewebe, von unten kann ein Bühnenbild auf die Hülle projiziert werden, sodass es auch Passanten von der Straße aus sehen können. Der Gasteig wäre von weit her sichtbar. So ein Sternchen eben, wie seine Professorin Auböck es gern in München setzen würde.

Weniger strahlkräftig, dafür sehr pragmatisch hat Katharina Lechner gedacht: Ihr Aussichtspavillon aus Holz ist beweglich und könnte einfach auf einem anderen Flachdach Platz nehmen, wenn die Sanierung des Gasteigs beginnt. Die Idee findet auch Geschäftsführerin Welser praktisch. "Sehr urban", seien alle Entwürfe, so die Geschäftsführerin. "Wir werden das Dach in der Planung nicht vergessen. "

© SZ vom 27.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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