Gespräch mit Knigge-Lehrerin:Selbstsicher zum Kindergeburtstag

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In Knigge-Seminaren können Münchner Kinder das richtige Benehmen lernen: Beispielsweise, dass sie keine Jeans tragen sollen, wenn sie ein Konzert besuchen.

L. Himmelreich

Rosemarie Beer, 63, bringt Kindern Benehmen bei. Bei einem Mehr-Gänge-Menü demonstriert sie das richtige Verhalten bei Tisch und den respektvollen Umgang miteinander.

Knigge-Lehrerin Rosemarie Beer. (Foto: Foto: Stephan Rumpf)

SZ: Haben Sie selbst auch mal ein Knigge-Seminar besucht, um Ihr tadelloses Benehmen zu lernen?

Beer: (lacht) Nein, das hat sich nie ergeben. Ich denke, das brauchte ich nicht. Als Geschäftsführerin war ich oft erschrocken über das schlechte Benehmen meiner Geschäftspartner. Ich wollte an der Wurzel des Übels beginnen, deswegen arbeite ich mit Kindern.

SZ: Sie lehren in Ihren Seminaren Verhaltensregeln - aber gehört es nicht zur Jugend dazu, dass man Grenzen auslotet, auch mal aneckt und experimentiert?

Beer: Bestimmt. Das ist ja auch irgendwie das Vorrecht der Jugend. Manche Dinge sollten sie trotzdem lernen. Zum Beispiel: Die Jeans gehört nicht überall hin. Ich mag Jeans - aber nicht, um abends in ein Konzert zu gehen. Ich erkläre den Kindern, dass Jeans und Rollkragenpulli respektlos gegenüber den Künstlern sind. Die Kinder brauchen zu jeder Regel eine Begründung.

SZ: Klassische Konzerte oder Mehr-Gänge-Menü, das sind nicht gerade Situationen, die für Kinder alltäglich sind.

Beer: Ja, natürlich. Aber bei mir bekommen die Kinder einmal zu Gesicht, wie ein richtig gedeckter Tisch bei einem festlichen Anlass aussieht. Kommunion, Konfirmation, es gibt schon Anlässe, bei denen es gut ist, wenn das Kind mit der Serviette umgehen kann und nicht schmatzend am Tisch sitzt.

SZ:Und in typischen Situationen, zum Beispiel auf einem Kindergeburtstag, müssen Kinder Ihrer Meinung nach da bestimmte Regeln beachten?

Beer: Grüßen ist dann ein wichtiges Thema: Da steht die Patentante, die Oma. Da habe ich hinzugehen und mich vorzustellen. Das hat mit überzogen oder gestelzt gar nichts zu tun. Wenn Kinder solche Regeln kennen, dann werden sie selbstsicherer, können besser mit verschiedenen Situationen umgehen.

SZ:Aber ist es nicht ganz normal, dass sich die ältere Generation über die jüngere aufregt, weil diese Regeln missachtet, und die Jungen sich andererseits beklagen, die Alten seien konservativ?

Beer: Das stimmt. Es heißt immer, die Jugend von heute sei so furchtbar schlecht. Ich empfinde das ganz anders: Sie werden zu wenig angeleitet und bekommen nicht ausreichend Unterstützung. Die Jugend ist heute zu sehr auf sich allein gestellt. Die Eltern haben nicht mehr genug Zeit, weil beide arbeiten müssen. Wie sollen die Kinder dann Sozialkompetenz lernen?

SZ: Glauben Sie denn, Sie können in Ihren Seminaren in vier Stunden nachholen, was die Eltern verpasst haben?

Beer: Mir geht es hier nicht um Schuldzuweisungen. Nachholen kann man das nicht. In meinen Seminaren möchte ich meinen kleinen Beitrag dazu leisten, die Situation besser zu machen. Knigge-Seminare haben nichts damit zu tun, den Finger richtig an der Mokka-Tasse zu halten. Es geht um Höflichkeit und vor allem um den respektvollen Umgang miteinander. Um Kleinigkeiten, zum Beispiel, dass man sich bedankt, wenn das Essen auf den Tisch gestellt wird.

SZ: Und wie ist das Benehmen Ihrer eigenen Kinder?

Beer: Super. Aber nicht, weil sie gedrillt wurden. Kinder sollen nicht gedrillt werden, sondern auf spielerische Weise lernen und, indem Erwachsene das vorleben.

Ein Knigge-Seminar für Kinder von sechs bis zwölf Jahren findet am 26. April statt, eines für Teenager am 9. Mai. Informationen unter Tel. 080 22-769097.

© SZ vom 17.04.2009/wib - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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