Geschäfte in der Innenstadt:Häuser für die Kleinen

Lesezeit: 1 min

Die Stadt vermietet eigene Flächen günstig an Münchner Läden, um dem Ketten-Einerlei in der Fußgängerzone etwas entgegenzusetzen - so auch Teile des Hirmer-Hauses. (Foto: B. Lindenthaler/Imago)

Trotz EU-Subventionsverbots hilft die Stadt lokalen Händlern

Von Dominik Hutter

Der Horror sieht so aus: Textildiscounter neben Mobilfunkladen, Imbiss-Imperium neben Drogeriekette, Coffee-to-go neben Billig-Verramscher - bis die Münchner Innenstadt genauso aussieht wie jede x-beliebige deutsche Fußgängerzone. Allzu weit ist der Weg dahin nicht mehr, laut Kommunalreferat haben sich bereits in 97 Prozent aller Läden an der Kaufingerstraße Ketten eingemietet. An der Weinstraße liegt der sogenannte Filialisierungsgrad bei 92 Grad. Bunte Inseln im kommerziellen Einerlei bilden mehrere städtische Immobilien - zum Beispiel das Neue Rathaus, das Eckgebäude am Marienplatz 1, das Ruffinihaus, das derzeit allerdings saniert wird, oder auch der Großteil des Hirmer-Hauses. Dort logieren noch immer kleine inhabergeführte Läden mit teilweise recht ungewöhnlichem Sortiment. Eigentümerin dieser Immobilien ist die Stadt, die den Branchenmix mit niedrigen Mieten fördert.

Neu ist das nicht, diese Praxis verfolgt das Rathaus seit Jahren. Kurz vor seinem Abschied in den Ruhestand hat Kommunalreferent Axel Markwardt das juristisch heikle Modell aber noch einmal schriftlich fixiert. Und dafür den einstimmigen Segen des Kommunalausschusses erhalten. Zuvor musste er freilich versichern, nichts gegen die Segnungen des Internets zu haben. SPD-Fraktionschef Alexander Reissl hatte einen entsprechenden Passus mokiert, der den Mietern der städtischen Flächen einen "umsatzstarken Onlinehandel" verbietet. Nicht mehr zeitgemäß sei das, findet der Politiker, selbst kleine Läden könnten ohne ein entsprechendes Angebot im Internet nicht mehr überleben. Sein FDP-Kollege Thomas Ranft schlug vor, die Bedingung kurzerhand zu streichen - zum Entsetzen der Behördenjuristen, die in diesem Fall um die gesamte Idee des Kleine-Läden-Förderns bangten.

Denn der Passus zeigt ziemlich gut auf, welche juristischen Stolpersteine es bei der Bevorzugung einiger Geschäftsleute gibt. Das EU-Beihilferecht ist bei jeder Form von "Subvention" ziemlich streng. Allerdings nur, wenn die großräumige Wettbewerbssituation verfälscht wird. Das Ganze funktioniere, so lange es um die rein lokale Bedeutung von Traditionsgeschäften gehe, erläutert der Jurist Klaus Eisenreich vom Kommunalreferat. Heißt: Ein kleiner münchenbezogener Internetauftritt ist in Ordnung, internationales Business aber nicht. Eine Gratwanderung also. Und die meistere man am besten mit dehnbaren Begriffen wie "umsatzstark".

© SZ vom 12.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: