Gerichtsurteil:Schläge im Treppenhaus

Lesezeit: 1 min

Mieter muss ausziehen, weil er zwei Nachbarn angegriffen hat

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Wer schlägt, der fliegt: Ein gewalttätiger Angriff auf einen Wohnungsnachbarn, der dadurch verletzt wird, rechtfertigt eine fristlose Kündigung der Mietwohnung, sagt das Amtsgericht München. Den Mitbewohnern des Appartementhauses sei die dauernde Angst vor dem rabiaten Hausbewohner nicht zumutbar.

Es war ein fast schon surrealer Vorfall: Im Juni 2014 hatten sich zwei befreundete Hausbewohner gemeinsam das Fußball-WM-Spiel Spanien gegen Chile angesehen. Als sie vom Public Viewing nach Hause in das Sollner Appartementhaus kamen, fanden sie im Treppenhaus einen Nachbarn laut schreiend am Boden liegen: "Ich will sterben, Hilfe, Hilfe!" Einer der beiden Heimkehrer, ein 29-Jähriger, kannte den rufenden 34-jährigen Afghanen bisher als friedlichen Nachbarn und fragte ihn, ob er einen Rettungswagen holen solle.

Da sprang der vermeintlich Hilfsbedürftige plötzlich auf, packte den besorgten Mann am Hemd und würgte ihn. Immer weiter schlug er auf ihn ein, wodurch der Mann Schürfwunden und Verletzungen im Gesicht, eine blutende Wunde an der Lippe und Schrammen am Oberkörper erlitt. Er konnte sich nur dadurch befreien, dass er sein Hemd selbst zerriss, um herausschlüpfen zu können.

Daraufhin packte der 34-Jährige den Fuß des zweiten Mannes und versuchte hineinzubeißen. Die erschreckten Spätheimkehrer versuchten davonzulaufen. Der rasende Mieter packten einen der Männer erneut am Fußgelenk, so dass dieser die Treppe hinabstürzte. Beide Männer konnten zwar ins Freie flüchten, wurden aber erneut attackiert und so schwer verletzt, dass sie sich im Krankenhaus behandeln lassen mussten. Der Afghane kam anschließend einen Monat lang zur psychischen Untersuchung in ein Fachklinikum.

Die Vermieterin kündigte dem Angreifer fristlos und bekam vor Gericht recht: Der Hausfrieden sei durch den rabiaten Angriff so sehr gestört, dass der Vermieterin die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden könne. Einer der geschädigten Mitmieter hatte sogar vor Gericht im Zuge seiner Zeugenaussage angekündigt, dass er ausziehen werde, sollte der rabiate Mitbewohner nicht bald das Haus verlassen müssen. Die Interessen der Vermieterin überwiegen in diesem Fall, stellte das Gericht fest - die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zur regulären Kündigungsfrist sei unter solchen Umständen nicht zumutbar. Das Urteil ist rechtskräftig (AZ.: 425 C 16113/14).

© SZ vom 27.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: