Gerichtsurteil:Maßloser Gigolo

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Der Heiratsschwindler Heinz W. hat ältere Damen um Hunderttausende geprellt. Jetzt ist der geständige Gigolo zu einer Haftstrafe verurteilt worden.

Alexander Krug

Seine Opfer vertrauten ihm nahezu blind. "Sie haben nach Liebe gesucht, und er hat das gnadenlos ausgenutzt", sagt Detlef M., Sonderermittler im Betrugsdezernat der Münchner Polizei. Mit "er" ist Heinz W. auf der Anklagebank im Landgericht gemeint, der mit seinen 68 Jahren die besten Jahre eher hinter sich zu haben scheint, als dass man ihm noch die Rolle des feurigen Gigolos respektive erfolgreichen Heiratsschwindlers abnimmt. Doch genau das wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor: Heinz W. soll drei alleinstehende ältere Damen um rund 280.000 Euro geprellt haben.

Weil er alleinstehende ältere Frauen um ihr Geld geprellt hat, ist Heinz W. in München zu fünf Jahren und neun Monaten Haft verurteilt worden. (Foto: Foto: ddp)

Heinz W. ist wohlbeleibt, an der Stirn lichtet sich der ergraute Haarschopf bereits bedenklich. Sein Teint allerdings ist gut gebräunt, doch davon - das macht er sogleich deutlich - sollten sich die Richter nicht täuschen lassen. Tatsächlich sei er ein schwerkranker Mann, der mit diversen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen habe, angefangen von Diabetes mellitus bis hin zu verkalkten Herzkranzgefäßen.

Falscher Doktortitel 15 Vorstrafen hat er allerdings auch schon angesammelt, die meisten wegen Betruges oder "Missbrauchs von Titeln". Um die Damenwelt zu beeindrucken, schmückt er sich schon seit Jahren mit einem falschen Doktorgrad, den er sich sogar in seinen Ausweis eintragen ließ. Promoviert haben will er in der kalifornischen Elite-Universität Berkeley, sein Diplom als Bauingenieur reichte ihm offenbar nicht.

"Geltungsbedürfnis" nennt das ein als Gutachter hinzugezogener Psychiater, der auch folgende Bemerkung des Angeklagten zitiert: Er sei "maßlos in allen Dingen", hatte Heinz W. einmal gesagt und damit wohl sein Leben auf den Punkt gebracht.

Denn mehr als drei Jahrzehnte war er ein schwerer Trinker, war mehrmals auf Entziehungskur oder von Gerichts wegen stationär untergebracht. 1992 wurde er zum Frührentner mit monatlich 267 Euro Rente und zusätzlich 215 Euro Pflegegeld. Den Damen, die er über Kontaktanzeigen kennenlernte, erzählte er davon nichts.

Opfer glaubte ihm trotz Warnung bis zuletzt Ihnen stellte er sich als promovierter Architekt vor, der monatlich 4200 Euro Rente beziehe und in der Schweiz über ein beträchtliches Vermögen verfüge. Weil er auf Letzteres gerade keinen Zugriff habe, bat er seine Opfer um finanzielle Unterstützung, die diese auch bereitwillig leisteten.

Eine um fast 170.000 Euro geschädigte Frau nahm sogar einen Kredit auf, um Heinz W. zu helfen. Sie hielt auch dann noch zu ihm, als die Polizei bereits ermittelte und sie am Telefon vor dem Angeklagten warnte. "Sie hat ihm bis zuletzt mehr geglaubt als mir", erinnert sich Polizist Detlef M.

Offenbar dämmerte den Opfern erst allmählich, wem sie da auf den Leim gegangen waren. Das Schlimmste sei für sie danach nicht so sehr das Finanzielle gewesen, sagt Detlef M., viel schlimmer seien die emotionalen Verletzungen.

Geständnis wirkte strafmildernd "Die haben es mir schon sehr, sehr leicht gemacht", verteidigt sich der Angeklagte, womit er sich sogleich den Rüffel einer Schöffin zuzieht. "Was heißt da leicht gemacht. Heißt das vielleicht, man darf alles machen?" Heinz W. bleibt eine Antwort darauf schuldig, er bittet die Richter mit "Rücksicht auf meinen stark angegriffenen Gesundheitszustand" um eine "milde Ahndung". Er wolle endlich einen "Schlussstrich" ziehen und nehme daher jede Strafe an.

Richterin Rosi Datzmann muss ihn ein wenig zügeln, so weit sei man schließlich noch nicht. Sie fragt nach dem Motiv und dem Verbleib des Geldes, was Heinz W. freimütig beantwortet: "Ich brauchte das zum Aufbessern meiner kleinen Rente", bekennt er, außerdem habe er "Schulden" zurückzahlen müssen.

Das Gericht verurteilt Heinz W. zu fünf Jahren und neun Monaten Haft. Strafmildernd schlägt vor allem sein Geständnis zu Buche, mit dem er den alten Damen eine demütigende Aussage vor Gericht erspart hat.

© SZ vom 09.09.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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