Gericht:Ein Tod, viele Versionen

Lesezeit: 1 min

Gutachter hält Angeklagten in Mordprozess für schuldfähig

Von Susi Wimmer

Krzysztof W. bietet viele Versionen an, ob und wie er seine Freundin Monika B. getötet hat. Am Mittwoch gibt der psychiatrische Gutachter Cornelis Stadtland die Variante wieder, die der Pole ihm bei der Begutachtung geschildert hatte: Derzufolge sei die Verlobte in der gemeinsamen Wohnung mit einem Obstmesser auf Krzysztof W. losgegangen, und als er sie wegschubste, sei sie rücklings selbst in das Messer gefallen. Anschließend habe sie ihn gebeten, ihrem Leben ein Ende zu setzen, weshalb er sie erwürgt habe.

Staatsanwalt Laurent Lafleur allerdings geht davon aus, dass der 28-Jährige seine Freundin im Februar 2017 zusammenschlug, sie mit dem Messer traktierte, ihren Kopf gegen die Wand schmetterte und sich schließlich auf ihren Kehlkopf stellte, um sie zu töten, weil sie ihn verlassen wollte. An diesem Donnerstag könnte in dem Mordprozess vor dem Landgericht München I plädiert und am Freitag das Urteil verkündet werden.

Zweimal hat Gutachter Stadtland den Angeklagten in der Haftanstalt besucht, um sich ein Bild von dem mutmaßlichen Mörder zu machen, der während des Prozesses ruhig und völlig gefasst wirkt. Tatsächlich, so referiert der Gutachter, habe er keine schweren dissozialen Verhaltensweisen oder Störungen bei dem Angeklagten feststellen können. Sein Alkoholkonsum sei zwar im Laufe der Beziehung angestiegen, liege aber nicht im Suchtbereich. Zudem werde Krzysztof W. unter Alkoholeinfluss als lustig beschrieben, und keineswegs als aggressiv. Verhaltensauffälligkeiten seien nur in Zusammenhang mit der Beziehung aufgetreten. Zu dem Antrag der Verteidigung, Krzysztof W. sei aufgrund einer tief greifenden Bewusstseinsstörung als schuldunfähig anzusehen, sagte Stadtland, dass aus psychiatrischer Sicht "viele Kriterien dagegen sprechen". Eine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt sei ebenfalls nicht indiziert.

Das polnische Paar, das zum Arbeiten nach Deutschland gekommen war, kannte sich erst seit wenigen Monaten. Im Januar 2017 zogen sie gemeinsam in ein Kellerzimmer am Grasrainweg nahe der Freimanner Heide. Das Paar stritt sich immer öfter, er behauptete, sie habe zu viel getrunken, und er mutmaßte, dass sie sich mit anderen Männern traf. Am 6. Februar packte sie ihren Koffer, buchte ein Busticket nach Polen und warf ihrem Verlobten den Ring vor die Füße. Daraufhin, so sieht es die Staatsanwaltschaft, soll es zu dem Gewaltexzess gekommen sein. Krzysztof W. flüchtete zunächst über das Kellerfenster, nachdem er seinen Fahndungsaufruf im Radio hörte, stellte er sich der Polizei.

© SZ vom 01.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: