Geplanter Umbau des Gasteig-Kulturzentrums in München:Des hätt's doch net braucht

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SZ-Leser zweifeln den Nutzen der dreistellig millionenteuren Sanierung an und wundern sich, warum für dieses Geld nicht neu gebaut wird

" Der Wow-Effekt" vom 2./3. Juni und Kommentar " Wille zur Wucht" vom 22. Mai:

Elbphilharmonische Ausmaße

Die Wahl, den Gasteig zu sanieren, muss wohl gefallen sein, um die Stadträte vorübergehend zu beruhigen, indem man sie in dem Glauben lässt, eine Instandsetzung sei günstiger als ein Neubau. In Wahrheit kann man bei hoch technisierten Gebäuden bei einer Sanierung mit mindestens 110 Prozent der Neubaukosten rechnen; eine Entscheidung, die nur mit einer hohen architektonischen Qualität des Bestands zu vertreten wäre. Das kann beim Gasteig aber wohl kaum der Fall sein. Schon die Sanierung eines normalen Wohngebäudes ist mit mindestens 80 Prozent der Neubaukosten anzusetzen. Für das Krankenhaus Großhadern wurde daher sinnvollerweise die Lösung gewählt, das Haus neu zu errichten und den Altbau abzureißen. Bei Sanierungen treten regelmäßig und unvermeidbar nicht vorhersehbare Überraschungen auf, die das Verfahren erheblich verteuern. Die bestehenden Gasteig-Gebäude rechtfertigen einen solchen Aufwand weder gestalterisch noch funktional. Dagegen wären bei einem Neubau erhebliche stadträumliche und funktionale Verbesserungen möglich. So aber steuert die Stadt geradezu in ein finanzielles Debakel mit elbphilharmonischen Ausmaßen, ohne aber den finalen Imagegewinn der Hamburger in Aussicht zu haben. Soll hinterher nur keiner sagen, er hätte es nicht gewusst. Christoph Randl, München

Es bleibt die alte Klinkerburg

Vielen Dank für die schöne Darstellung der Situation am Gasteig. Ich war nie ein Fan der Architektur des Gasteigs. Da meine Kinder aber gerade viel Zeit mit verschiedenen Aktivitäten im Gasteig verbringen, war ich in mehreren Bereichen, allerdings nicht in den "Katakomben", des Gasteigs unterwegs. Da ich ja nun "vom Fach" bin, erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass die dort zu beobachtende Bausubstanz auf mich einen außerordentlich soliden, gepflegten und technisch modernen Eindruck macht. Ich halte also eine Sanierung in diesem Ausmaß für völlig übertrieben, außer es wurden, wie so oft, von der Politik mal wieder die falschen Aufgaben gestellt.

Wird ein Raum wirtschaftlicher zu nutzen sein, wenn man ihn für zig Millionen umbaut? Wie gut soll die Akustik der Philharmonie noch werden, zumal nun ja auch noch ein anderer Konzertsaal entsteht? Ich erinnere mich zumindest an durchaus beeindruckende Konzerte.

Könnte nicht die gute Idee von Kollege Peter Haimerl eines Nacheinanderbauens Kosten senken und somit Teil der Wettbewerbsaufgabe für die Überarbeitung werden? Oder ist das Ziel doch nur, es den Hamburgern mal richtig zu zeigen? Dann allerdings muss ich Ihnen widersprechen, denn ich glaube nicht, dass die gezeigten Entwürfe irgendjemanden am Ende stolz auf das Erreichte sein lassen. Dazu müsste man die alte Klinkerburg wegschieben und sich in München mal wieder was trauen. Ob das am Ende teurer sein muss, würde ich sogar bezweifeln. Michael Biedermann, München

Nett, aber mutlos

Ein Blick aus der ländlichen in die städtische Provinz: Es überrascht nicht, dass Münchener und Stuttgarter Architektenentwürfe beim Gasteig die Nase vorn haben. Sie werden im Gegensatz zu Madrilenen und Baslern das sehr begrenzte Mutpotential der heimischen Entscheidungsträger für spektakuläre Innovation und außerordentlichen Gestaltungswillen schon im Vorfeld genau analysiert haben. Was kommen wird, wird nett. Aber eine neue Duftmarke setzen allein im Wettbewerb der europäischen Architektur-Benchmarks - dazu wird's leider nicht reichen. Auch kein Problem, wir werden uns dennoch in der Provinz weiterhin wohlfühlen. Dirk Schoppmann, Oberstdorf

So schnell altert Ziegel

Nachdem die Konzertgeher unter den SZ-Redakteuren festgestellt haben, dass der Gasteig (30 Jahre) ein "in die Jahre gekommener Ziegelbau" sei, können wir nur hoffen, dass unter ihnen keine Kirchgänger sind (Frauenkirche: 778 Jahre). Kurt Heiß, Oberschleißheim

Hinweis: Die Ausstellung zum Gasteig-Architekturwettbewerb ist im Münchner Gasteig-Kulturzentrum (1. Stock, Glashalle) noch bis 15. Juni gratis zu sehen. Am 11., 12. und 13. Juni gibt es jeweils um 17 Uhr kostenlose Führungen. Treffpunkt: 1. Stock, Glashalle vor der Ausstellung

© SZ vom 11.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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