Geldstrafe:Nackt am Straßenrand

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Rentnerin verursacht wegen eines Exhibitionisten fast einen Unfall

Von Christian Rost

Stefan E. war offensichtlich auf möglichst viel Publikum aus, als er sich im November vorigen Jahres im Münchner Süden nackt an den Rand einer Bundesstraße stellte und an sich herumfummelte. Zwei Frauen, die mit einem Auto an dem Exhibitionisten vorbeifuhren, erschraken dermaßen, dass die Fahrerin das Steuer verriss und beinahe die Kontrolle über ihren Wagen verlor. Sie zeigten Stefan E. an. Am Freitag musste sich der 51-jährige Betriebswirt am Münchner Amtsgericht verantworten.

Er erschien normal gekleidet im Sitzungssaal, aber ohne Verteidiger, und bestritt, sich nackt an die B 471 bei Taufkirchen gestellt zu haben, um mit exhibitionistischen Handlungen aufzufallen. Vielmehr sei er damals aus purer Not rasch mit seinem Auto in den Waldweg abgebogen, weil er Magen-Darm-Probleme gehabt habe. Nachdem er sich in die Büsche zurückgezogen hatte, musste er sich angeblich umziehen. Wechselkleidung habe in seinem Auto gelegen, weil er auf dem Weg ins Allgäu gewesen sei und dort auch habe übernachten wollen. Was die beiden Frauen gesehen hatten, war nach den Angeben von Stefan E. also nichts anderes, als sein Versuch, sich zu säubern und frische Kleidung anzulegen.

Für die Frauen - ein Paar im Rentenalter - stellte sich die Situation völlig anders dar. Der Mann sei gut sichtbar am Rand der viel befahrenen Straße gestanden. "Ich habe ihn voll gesehen", sagte eine Rentnerin im Zeugstand. Auch ihre Freundin, eine Ärztin, hatte ihn erblickt und vor Schreck beinahe einen Unfall verursacht. Die Rentnerin meinte, dass sie sich selbst nicht belästigt gefühlt habe von dem Exhibitionisten. Sie empfand ihn allenfalls als etwas "ungewöhnlich". Weil aber auch Kinder ihn hätten sehen können, habe sie sich das Kennzeichen seines Autos notiert und Anzeige erstattet. Ehe die Zeugin den Gerichtssaal verließ, riet sie Stefan E., sich dringend in therapeutische Behandlung zu begeben.

Die Staatsanwaltschaft forderte für den wegen Urheberschutz-Verletzungen und Diebstahls vorbestraften Mann eine Freiheitsstrafe von einem halben Jahr auf Bewährung. Der Angeklagte, der wegen eines Burnout-Syndroms zurzeit arbeitslos ist, verlangte einen Freispruch: "Ich habe das nicht getan." Die Vorsitzende Richterin glaubte ihm das nicht und verhängte eine Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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