Gefängnisstrafe gefordert:Schwarzfahrer vor Gericht

Lesezeit: 1 min

Von Christian Rost

Viermal ist Abdullah S. beim Schwarzfahren erwischt worden. Der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) entstand dadurch ein Schaden von 10,50 Euro. Das ist ein überschaubarer Betrag, dennoch stand für den 28-Jährigen am Montag einiges auf dem Spiel, als er sich am Münchner Amtsgericht wegen Leistungserschleichung verantworten musste. Sein Vorstrafenregister ist mit 13 Einträgen und zwei offenen Bewährungen dermaßen lang, dass S. damit rechnen musste, nur wegen Schwarzfahrens ins Gefängnis zu kommen.

Der Friseur entschuldigte sich für die Taten und betonte, er habe im fraglichen Zeitraum Mutter und Schwester verloren und sei überdies arbeitslos gewesen. Er sei als Jugendlicher alleine nach Deutschland gekommen, wo er sich habe durchschlagen müssen. Das gelang ihm offenbar mehr schlecht als recht, denn er begann bald damit, eine Straftat nach der anderen zu begehen, auch Drogen- und Körperverletzungsdelikte waren darunter.

Amtsrichter Andreas Schätzl fand eine Tat besonders bemerkenswert. Abdullah S. hatte 2013 auf dem Oktoberfest versucht, mit seiner damaligen Freundin und heutigen Verlobten Leute zu bestehlen. Dabei taten sie so, als würden sie sich leidenschaftlich küssen; tatsächlich aber nutzte S. die verschlungene Pose aus, um in vier Handtaschen zu greifen. Dreimal misslang der Versuch, einmal machte das Pärchen Beute und wurde prompt erwischt. S. bekam eine Bewährungsstrafe aufgebrummt, die noch nicht abgegolten war, als er ohne Fahrscheine unterwegs war.

Die Staatsanwaltschaft sah damit alle bisherigen Bemühungen, den Mann auf den rechten Weg zu bringen, erschöpft, und verlangte einen Schuss vor den Bug: fünf Monate Haft ohne Bewährung. Verteidiger Thomas Novak konterte, dass viele Vorstrafen seines Mandanten lediglich jugendtypisch gewesen seien und dieser erkannt habe, "dass das Ende der Fahnenstange erreicht ist". Richter Schätzl verhängte schließlich eine Geldstrafe in Höhe von 2000 Euro. Jemanden wegen eines Schadens von 10,50 Euro einzusperren, sei dann doch unverhältnismäßig, so der Vorsitzende.

© SZ vom 28.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: