Gedenken an Nazi-Opfer:SPD-Beschluss belastet Koalition

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Die CSU will das Votum für Stolpersteine ignorieren

Von Dominik Hutter

Der jüngste Stolpersteine-Beschluss des SPD-Parteirats könnte nach Einschätzung der CSU grundsätzliche Auswirkungen auf das Klima im schwarz-roten Rathausbündnis haben. Eine Zusammenarbeit zwischen den Kooperationspartnern werde "natürlich immer schwieriger, wenn im Einzelfall ein Veto der SPD-Parteistrategen zu erwarten ist", sagte CSU-Fraktionschef Hans Podiuk. Es sei "nicht handhabbar, den Kooperationspartner in jedem Einzelfall zu fragen, ob er zu Verhandlungen legitimiert ist", ätzte Podiuk, der selbst jedoch keine inhaltlichen Konsequenzen aus dem internen Streit der Sozialdemokraten ziehen will. Ansprechpartner der CSU seien weiterhin der Oberbürgermeister und die Stadtratsfraktion.

Die Münchner SPD hatte sich auf einem Kleinen Parteitag am Mittwoch mit knapper Mehrheit dafür ausgesprochen, die Verlegung von Stolpersteinen zuzulassen. Der Beschluss brüskiert die eigene Stadtratsfraktion, die nach monatelanger Debatte mit der CSU einen Kompromiss ausgehandelt hatte. Demnach soll der Opfer des Nazi-Regimes nicht mit Stolpersteinen, sondern mit Wandtafeln, Stelen und einem zentralen Mahnmal gedacht werden. Die Debatte ist deshalb so schwierig, weil die Israelitische Kultusgemeinde und vor allem deren Vorsitzende Charlotte Knobloch die Stolpersteine strikt ablehnt, da sie auf Pflasterhöhe angebracht werden sollen und das Andenken so buchstäblich mit Füßen getreten werden könne.

In den Augen von CSU-Stadtrat Richard Quaas ist der Parteiratsbeschluss eine "schwere politische Niederlage" für Oberbürgermeister Dieter Reiter und SPD-Fraktionschef Alexander Reissl. Offenkundig nehme die SPD-Parteiführung keinerlei Rücksicht auf die Reputation des Oberbürgermeisters oder der eigenen Rathausfraktion. Es sei eine "schwere Hypothek", mit einem Partner zusammenzuarbeiten, der in wesentlichen gesellschaftlichen Fragen nicht die Rückendeckung der eigenen Partei genießt. Sein Fraktionskollege Marian Offman zeigte sich "traurig, dass alle, die doch das Gleiche wollen, so zerstritten sind". Allerdings sei es zu erwarten gewesen, dass die Diskussion über Stolpersteine noch nicht beendet ist.

© SZ vom 16.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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