Galerie Jörg Heitsch:Anarchie der Seele

Fotografien aus 40 Jahren: Bislang bekamen nur wenige Menschen die Bilder von Werner Schroeter zu sehen, oft nicht einmal die Porträtierten selbst.

Josef Grübl

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Fotografien aus 40 Jahren: Bislang bekamen nur wenige Menschen die Bilder von Werner Schroeter zu sehen, oft nicht einmal die Porträtierten selbst.Man hatte ihn in den letzten Jahren ein wenig aus den Augen verloren, bis Werner Schroeter im vergangenen September mit seinem neuen Film "Nuit de chien - Diese Nacht" zu den Filmfestspielen in Venedig eingeladen wurde. Dort bekam er dann den Sonderpreis der Jury für sein "innovatives, kompromissloses und oft provokantes" Lebenswerk verliehen.Fotos: Werner Schroeter Text: Josef Grübl

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Einen Monat später war er zu Gast bei der Viennale; das Wiener Filmfestival widmete dem "größten marginalen Filmemacher Deutschlands" eine Hommage.Eine weitere Ehrung erfährt der 63-jährige Künstler derzeit in München: Die Galerie Jörg Heitsch in der Reichenbachstraße14 zeigt unter dem Titel "Autrefois et toujours" eine Auswahl des fotografischen Werks Schroeters. Ursprünglich wollte die Helmut Newton Foundation in Berlin die Fotografien zeigen - doch Werner Schroeter ist krebskrank, ließ deshalb den Termin vorziehen.

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Zur Eröffnung ist der von seiner Krankheit gezeichnete Filmemacher aus der Hauptstadt angereist: Mit schwarzem Hut, Spitzbart, Lederjacke und bunten Ringelsocken wie je.Bislang bekamen nur wenige Menschen die Bilder dieses traurigen Ritters zu sehen, oft nicht einmal die Porträtierten selbst:

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"Für mich ist das auch eine Premiere", so die Dokumentarfilmerin und langjährige Schroeter-Freundin Katrin Seybold während der sogenannten Preview, zu der die Galerie einen Tag vor der offiziellen Vernissage Freunde und Weggefährten des Künstlers eingeladen hat. "Nie bekam ich ein einziges Foto zu Gesicht", sagte Seybold in ihrer Laudatio auf den Künstler, nur manchmal sei ihre Polaroid-Kamera leer gewesen: "Werner, die diebische Elster, zeigte seine Nester nie."

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Schroeter fotografiert seit knapp vierzig Jahren, ebenso lange arbeitet er schon als Film-, Theater- und Opernregisseur. Mit seinen Inszenierungen haben die Bilder nur bedingt zu tun: "Das ist unabhängig voneinander", sagt er. Er habe ja keine Filmstills gemacht, und auch keine Theaterfotos.

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Natürlich lassen sich trotzdem Parallelen ausmachen: Marianne Hoppe, der er kurz vor ihrem Tod den Dokumentarfilm "Die Königin" widmete, ist da in leicht entrückter Pose zu sehen - ebenso wie Wim Wenders, Magdalena Montezuma, Ulli Lommel oder Barbara Valentin. Mit den meisten der Porträtierten hat er auch gearbeitet, im Lauf der Jahre inszenierte er 40 Filme sowie 75 Opern und Theaterstücke.

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Dem großen Publikum hat er sich stets verwehrt, selbst Erfolge wie das mit dem Goldenen Bären in Berlin ausgezeichnete Gastarbeiterdrama "Palermo oder Wolfsburg" oder seine Ingeborg Bachmann-Adaption "Malina" mit Isabelle Huppert in der Hauptrolle liefen in nur wenigen Kinos. Dafür sind seine Filme zu manieriert, die Radikalität seiner künstlerischen Versuchsanordnungen verunsichern viele Zuschauer.

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Seinen einerseits künstlichen, andererseits unmittelbaren Stil erkennt man auch in den Fotografien, die für die Ausstellung analog vergrößert wurden. "Da ist nichts digital bearbeitet worden", nur ein paar Kratzer wurden "mit der alten Technik" retuschiert, so Schroeter. Angesichts der Ergebnisse ist das bemerkenswert, schließlich fotografiert Schroeter mit Minox-Kleinbild-, Polaroid- oder auch Wegwerf-Kameras.

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So bescheiden die Technik, umso durchdachter sind die Motive: Als "Arbeiten wie eine Inszenierung" preist Galerist Heitsch die Werke an. Auch Katrin Seybold erinnert sich an die Inszenierungswut des Künstlers; daran, wie er sie während Gesprächen unterbrach, seine Kamera holte und zum Stillstand zwang: "Wenn Werner wollte, wurde man zum Standbild."

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Am Eröffnungsabend sind neben alten Freunden und Bewunderern wie Isolde Barth, Leander Haussmann oder Alexander Kluge auch einige seiner "Standbilder" anwesend; Christine Kaufmann etwa, mit der er 1973 in der kalifornischen Wüste "Willow Springs" gedreht hat. Schroeter pflegt zu seinen Schauspielern enge Freundschaften, anders ginge das auch nicht. Eine Trennung von Arbeit und Privatem kann er sich nicht vorstellen: "Ich habe mit diesen Menschen gelebt und geschlafen, einfach alles. Das habe ich nie getrennt. Anarchie der Seele könnte man das auch nennen." Die Aufbereitung seines fotografischen Werks kam auf Betreiben eines Berliner Freundes zustande, sich selbst bezeichnet der Künstler als "überhaupt nicht ambitioniert und ehrgeizig". Das habe ihm Maria Callas vorgelebt, die er seit seiner Jugend leidenschaftlich verehrt und die er in den siebziger Jahren auch kennen lernen durfte: "Diese Frau war völlig ohne Ehrgeiz, sie war nur Künstlerin." Er macht eine kleine Pause, dann sagt er noch: "In der Kunst gibt es keinen Ehrgeiz, man ist sowieso nie ganz zufrieden."(sueddeutsche.de/agfa)

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