Zugverkehr:Abschied von Regionalzügen

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In der Kreisstadt wird nach Angaben von Bocklet und Raff der neue Bahnsteig an Gleis 1 für Doppelstockwagen doch nicht gebaut. Ohne diese Investition gibt es keine Verbesserung des Angebots im Personennahverkehr auf Schienen

Von Peter Bierl, Fürstenfeldbruck

Im Berufsverkehr werden so schnell keine Regionalzüge mehr in Fürstenfeldbruck halten. Ein Ausbau des Bahnsteigs von Gleis 1 sei "kein Thema mehr", berichteten Zweiter Bürgermeister Erich Raff und der Landtagsabgeordnete Reinhold Bocklet (beide CSU) der SZ. Die Bahn sowie das bayerische Verkehrsministerium wollten diese Aussage nicht bestätigen. Die Bahn AG teilte mit, man warte auf einen Auftrag der Staatsregierung. Aus dem Ministerium war zu erfahren, man arbeite zusammen mit der Bahn weiter an Lösungen.

Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2015 waren die Halte der beiden Regionalzüge am Morgen und am Nachmittag in Bruck gestrichen worden. Die neuen Doppelstockwaggons dürften hier nicht halten, weil der Bahnsteig mit 96 Zentimeter zu hoch sei, heißt es. Nach Protesten und Anträgen von CSU, FW und SPD beschäftigte sich auch der Landtag mit dem Fall. Im Juni hatte Bocklet angekündigt, bis Sommer 2017 könnte an Gleis 1 ein neuer Bahnsteig in passender Höhe entstehen. Die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG), die für das Ministerium tätig ist, erklärte, das würde etwa 800 000 Euro kosten.

Vor einigen Tagen hakte das Brucker Verkehrsforum nach und bat den amtierenden Brucker Bürgermeister um Hilfe. Thomas Brückner, die Stadträtin Alexa Zierl (Grüne) und Martin Haisch beklagten, dass nichts vorwärts gehe. Bahn und Staatsregierung seien unfähig, einen Ersatz für die Regionalzughalte zu schaffen. Der Ausbau von Gleis 1 stehe "genauso in den Sternen wie der gesamte Streckenausbau". Die Logik der Verantwortlichen, Doppelstockzüge zu bestellen und einzusetzen, die für die Bahnsteighöhen der S-Bahn untauglich sind, sei nicht nachzuvollziehen. Allerdings halten Doppelstockzüge bei Störungen im Betriebsablauf durchaus an höheren Bahnsteigkanten, etwa in Geltendorf.

Der Brucker Stadtrat beschloss erst am 13. Dezember, sich weiter dafür einzusetzen, den Bahnhof zum Regionalzughalt auszubauen. Am Tag zuvor hatten Vertreter der Bahn AG mit Raff gesprochen. Der Zweiter Bürgermeister berichtete der SZ, ihm hätten die Planer der Bahn gesagt, der Bahnsteig an Gleis 1 werde nicht ausgebaut. Die Gründe dafür seien hohe Investitionen und dass der Takt auf der Strecke ohnehin schon zu dicht sei. Man könne keinen Zug in Bruck halten lassen, weil das zu lange dauere. "Gleis 1 ist momentan überhaupt kein Thema", lautet das Fazit von Raff. Nach Angaben Bocklets habe man das Thema in dem Gespräch nur nebenbei kurz angeschnitten. Es sei Konsens der Experten gewesen, dass nichts gemacht wird.

Die Bahn AG wollte das weder bestätigen noch dementieren. Der Wunsch sei bekannt und in Gesprächen mit Verkehrsministerium und Stadt "auch schon thematisiert" worden. Bisher liege aber weder ein Planungsauftrag noch eine Finanzierung vor, sagte ein Pressesprecher des Unternehmens. Eine Sprecherin des Ministerium, das die Verantwortung trägt, widersprach der Darstellung von Bocklet und Raff. Man arbeite weiter zusammen mit der Bahn an Lösungen. "Die konkreten Planungen starten, wenn Klarheit über die Notwendigkeit eines provisorischen oder dauerhaften Bahnsteigs am Gleis 1 besteht."

Allerdings hatten Bahn AG und Ministerium einen Ausbau des Bahnsteigs auf Gleis 1 in Fürstenfeldbruck in der Vergangenheit schon mehrmals als zu zeitaufwendig abgelehnt. Der Kreistag sowie der Verkehrsexperte Karl-Dieter Bodack hatten diese Forderung erhoben, um mehr Expresszüge auf der Strecke der S 4 einsetzen zu können. Dafür sei eine "mehrjährige Planungs-, Genehmigungs- und Bauzeit anzusetzen", hieß es in einer Stellungnahme der Obersten Baubehörde an den Wirtschaftsausschuss des Landtags vom Sommer 2015, als es um die Sprinter ging.

Der Bahnexperte Ralf Wiedenmann hatte den Bau eines Bahnsteigs auf Gleis 1 in Bruck von Anfang an für nicht sinnvoll gehalten, weil die Regionalzüge das Gleis wechseln müssten, was Zeit koste. Er hatte gefordert, die Regionalzüge in Puchheim stoppen zu lassen, weil dort der Mittelbahnsteig 76 Zentimeter hoch ist, also für die Doppeldecker passt.

Das Verkehrsforum hat außerdem die Zementierung eines nur dreigleisigen Ausbaus der Strecke zwischen Pasing und Eichenau kritisiert. Grundstücke entlang der Bahnlinie würden verkauft, damit wäre ein viertes Gleis "nie mehr möglich", obwohl es schon in naher Zukunft gebraucht würde. Es liege im Interesse der Fahrgäste sowie des Umweltschutzes, die Bahn zu einer echten Alternative zum Auto auszubauen. Die Initiative fordert Raff auf, sich bei Bahn AG und Freistaat "energisch" dafür einzusetzen. Raff sagte dazu, er halte einen Ausbau zumindest bis Bruck für sinnvoll. Gleise bis Buchenau zu verlegen, lehnt er ab, weil das nur mit Eingriffen am Engelsberg beim Kloster gehe. "Wir würden ein Naherholungsgebiet zerstören", warnte der Zweite Bürgermeister. Er rechnet aber nicht damit, dass sich vor der Fertigstellung des zweiten S-Bahntunnels in München, etwas tut.

© SZ vom 02.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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