Zirkus-Gastspiel:Kampf um die Manege

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Der Circus Louis Knie gastiert in Fürstenfeldbruck und zieht damit stürmische Proteste von Tierschützern auf sich. Diese kritisieren Tiernummern und fordern vergeblich den Widerruf der städtischen Genehmigung

Von Stefan Salger, Fürstenfeldbruck

Ob die für den Donnerstagnachmittag angesetzte Galapremiere ungestört stattfinden wird, ist ungewiss: Der "Österreichische Nationalcircus Louis Knie" hat seine Zelte auf dem Volksfestplatz aufgeschlagen, sieht sich nun aber einem Sturm des Protests von Tierschützern ausgesetzt, darunter auch der Brucker SPD-Stadtrat Axel Lämmle. Umstritten ist, ob das Unternehmen gegen 2013 von der Stadt erlassene Auflagen verstoßen hat, die sich vor allem gegen Auftritte von Wildtieren richten. Eine Sprecherin des Zirkusses spricht von einer Kampagne und unhaltbaren Verdächtigungen. Bis zum Dienstagabend jagte im Rathaus eine Krisenbesprechung die nächste. Dann wurde entschieden: Die Stadt verzichtet "wegen fehlender Rechtsgrundlage" auf den Widerruf der erteilten Genehmigung. Damit vermeidet sie auch mögliche Schadenersatzforderungen in vermutlich vierstelliger Höhe.

Im März 2014 war der Brucker Hauptausschuss nach längerer Debatte weitgehend einem SPD-Antrag gefolgt. Die Stadt sollte dem einstimmigen Beschluss zufolge eigene Flächen nur noch Zirkus- und Schaustellerbetrieben zur Verfügung stellen, die keine Wildtiere mitführen und sich in den zurückliegenden zehn Jahren keine Verstöße gegen das Tierschutzgesetz zuschulden kommen ließen. Als Wildtiere werden neben Elefanten und Raubkatzen explizit auch Bären und Affen genannt.

Am Dienstagnachmittag ist das Zirkuszelt auf dem Brucker Volksfestplatz bereits aufgebaut, Vorstellungen soll es von Donnerstag bis Sonntag geben. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Als der Circus Louis Knie am Montagabend mit dem Aufbau begann, rief dies die in Roth ansässige "Bürgerinitiative Wildtierverbot Deutschland" auf den Plan. Sie wirft der Stadt vor, das Gastspiel eines "Skandalzirkusses" trotz des kommunalen Wildtierverbots zu genehmigen. Denn mit dabei seien neben Kamelen und Pferden der Braunbär Ben sowie ein Berberaffe und ein Rotgesichtsmakake. Fürstenfeldbruck sei dabei, seinen guten Ruf zu verspielen, den es sich ebenso wie weitere 51 Städte durch den Wildtiererlass erworben habe, so Simon Fischer von der Bürgerinitiative. Ebenso wie Fischer hoffen auch die Tierschutzorganisation Peta und Axel Lämmle, dass eine aktuelle Bundesratsinitiative Hessens Erfolg hat und es zu einem bundesweiten Wildtierverbot für Zirkusse kommt. Lämmle, der über die Sozialen Medien zu einer Online-Petition aufgerufen hat, wollte sich am späten Montagabend nach der SPD-Fraktionssitzung selbst auf dem Volksfestplatz ein Bild machen. Dabei geriet er mit sieben Zirkus-Mitarbeitern aneinander, die es nicht hinnehmen wollten, dass da jemand "heimlich um die Zelte schleicht und Fotos macht". Lämmle zufolge fielen dabei Schimpfworte. Der Zirkus erteilte Lämmle einen Platzverweis und erstattete bei der herbeigerufenen Polizei Anzeige wegen Hausfriedensbruchs. Eines von Lämmles Fotos zeigt einen - allerdings leeren - Affenwagen. Am Dienstag war dieser Wagen ganz verschwunden. Die Tierschützer mutmaßen, dass die Affen angesichts des Widerstands noch schnell weggebracht worden seien. Dem widerspricht die Zirkus-Managerin Anja Noichl vehement: "Wir haben gar keine Wildtiere nach Fürstenfeldbruck mitgebracht", beteuert sie. Denn die Einstellung der Stadt sei bekannt. Gegen Pferde, Ponys, Lama, Yak und Cebu spreche hingegen nichts. Bär Ben, der für eine Tiernummer ebenso wie Kamele vom früheren Circus Alberti ausgeliehen worden sei, ist ihren Worten zufolge in Treuchtlingen untergebracht, die beiden Affen in Dillingen. Zwei Besuche der Polizei sowie eine Kontrolle durch das Landratsamt Fürstenfeldbruck am Dienstag ergaben in der Tat keine Beanstandungen. "Die tierschutzrechtlichen Mindestanforderungen wurden übererfüllt", sagt Veterinäramtschef Hans Werner Merk. Die Haltungsbedingungen und Gehegegrößen sind demnach in Ordnung, gleiches gilt für die Dokumentation. Anja Noichl sieht sich bestätigt. Ihr Unternehmen sei Kummer mit Tierschützern gewohnt, "so eine schlimme Lage wie diesmal in Bruck" habe man aber noch nicht erlebt. Sie rechnet damit, dass es noch zu einer Demonstration kommen wird. "So lange die friedlich abläuft, sind wir tolerant." Die Managerin ist zuversichtlich, dass die Premiere am Donnerstagnachmittag ebenso stattfinden kann wie die täglich zwei Vorstellungen am Freitag, Samstag und Sonntag. In einem Punkt verbuchen die Tierschützer freilich einen Erfolg: Ein Kamelwallach, der vom Ministerium trotz Kastration per se als gefährlich eingestuft wird, darf nicht auftreten. Auf Weisung Brucks ist er nun "aus der Stadt zu bringen". Diskussionsbedarf sieht Lämmle auch, weil der Circus ein zwei Monate altes Kamel mitgebracht hat. Dieses sei, ebenso wie zuvor das trächtige Muttertier, durch die Gegend gekarrt worden. Der SPD-Stadtrat bleibt dabei. "Das ist alles höchst unseriös. Dieses Gastspiel hätte nie genehmigt werden dürfen."

© SZ vom 09.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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