"Wohnen für Hilfe":Nur ein kleiner Baustein

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Ein Projekt bringt junge Menschen mit wenig Geld und Senioren mit viel Wohnraum zusammen. Dieses Konzept hat Charme auf mehreren Ebenen - löst aber nicht das grundlegende Problem

Von Ariane Lindenbach

Tolle Idee, super Projekt! So möchte man sich spontan zu "Wohnen für Hilfe" äußern, für das der Landkreis nun eine eigene Vermittlungsstelle in Teilzeit schafft. Der Charme des Konzepts liegt auf mehreren Ebenen. So nimmt er die Notlagen zweier Personengruppen zum Anlass, um daraus für beide eine Win-Win-Situation zu machen: Für die nicht mehr ganz so agilen Senioren einerseits, die mehr als genug Wohnraum haben, und die ihrerseits froh sind, wenn ihnen jemand unter die Arme greift, ohne dass sie ihr seit Jahrzehnten geliebtes Heim verlassen müssen. Und für die eher mittellosen Berufsanfänger andererseits, die sich angesichts der Mietpreise im Großraum München über eine derartige Wohnmöglichkeit freuen dürfen.

Die über diesen schnöden Synergieeffekt hinausgehende Ebene ist vielleicht in einer Gesellschaft von Kleinfamilien mit Einzelkindern und einer großen Anzahl von Single-Haushalten noch viel wertvoller. Das Projekt "Wohnen für Hilfe" kann dazu beitragen, das Verständnis verschiedener Generationen füreinander zu verbessern und so vielleicht auch zu mehr gegenseitiger Wertschätzung verhelfen. Denn beide Seiten, Alte und Junge, haben ihre Vorzüge, von denen die Gesellschaft profitieren kann. Freilich gilt all das nur für die Teilnehmer am Projekt "Wohnen für Hilfe". Und die zeigen ja von vorneherein eine gewisse Bereitschaft, sich auf solch ein Experiment einzulassen.

Dennoch dürfen sich die Politiker im Landkreis und darüber hinaus nun nicht bequem in ihre Sessel lehnen. Die Wohnungsnot im Großraum München ist mit derartigen Projekten nicht in den Griff zu bekommen, allenfalls für bestimmte Personengruppen ein bisschen zu lindern. Mieten und Grundstückspreise werden weiter steigen, so lange jeder in die Metropolregion München ziehen will. Um den stetig wachsenden Preisen für Wohnraum etwas entgegenzusetzen, wäre es längst an der Zeit, auf politischer Ebene zu handeln. Und zwar, indem Kommunen selbst wieder Wohnraum schaffen und Preise festlegen.

© SZ vom 24.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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