Windräder:Widerspruch zwecklos

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Die Abstandsregelung für Windräder gibt Nachbargemeinden kein Vetorecht in die Hand

Von Andreas Ostermeier, Fürstenfeldbruck

Die 10-H-Regelung in Bayern schien bislang klar zu sein. Windräder müssen einen Mindestabstand zu jeder Wohnsiedlung einhalten, der dem Zehnfachen ihrer Höhe entspricht, also in der Regel etwa zwei Kilometer. Doch so einfach ist es nicht. Denn dieser Mindestabstand gilt nicht automatisch für Einwohner einer Gemeinde, wenn deren Nachbargemeinde Windkraftanlagen aufstellen möchte. Alexa Zierl, Vorsitzende des Vereins Ziel 21, der sich um die Energiewende im Landkreis kümmert, sagt, die Regelung der Staatsregierung schütze nicht vor den Absichten einer Nachbargemeinde. Dabei beruft sie sich auf eine Stellungnahme der Obersten Baubehörde im Innenministerium. Die hat jetzt Antworten auf häufig gestellte Fragen zur bayerischen 10-H-Regelung veröffentlicht.

Zu dem von der Staatsregierung bei Bauleitplanungen geforderten "Konsens vor Ort" heißt es in diesen Antworten: Plant eine Gemeinde einen Windkraftstandort, der weniger als zwei Kilometer von Wohngebäuden im Nachbarort entfernt ist, dann müsse sie auf eine "einvernehmliche Festlegung" mit der Nachbargemeinde "hinwirken". Im Klartext bedeutet dies, dass die Gemeinde, die eine Windkraftanlage bauen möchte, die Einwände der Nachbarkommune abwägen und diese Abwägung dokumentieren muss. Sie muss den Einwänden, auch was den Abstand angeht, jedoch nicht in jedem Fall Folge leisten. Denn es besteht laut der Obersten Baubehörde keine "Zustimmungserfordernis". Eine solche kann es auch nicht geben, denn Kommunen haben auf ihrem Gebiet die Planungshoheit, und die kann nicht von der Nachbargemeinde per Veto ausgehebelt werden.

Könnte Inning also seine drei Windräder - vorausgesetzt beim Ratsbegehren am Sonntag stimmen die Einwohner zu - auch dann bauen, wenn Grafrath dagegen ist und die Rotoren weniger als zwei Kilometer von Siedlungsgebieten in Etterschlag und Grafrath entfernt sind? Gerald Kurz, CSU-Gemeinderat und Gegner der Inniger Windkraftpläne, mag das nicht glauben. Er beharrt darauf, dass die beiden Nachbargemeinden in diesem Fall einen Konsens aushandeln müssten, Windräder ohne Zustimmung der Gemeinde Grafrath also nicht errichtet werden könnten. Würden die Einwände übergangen, dann liege ein Abwägungsfehler vor, gegen den Grafrath gerichtlich vorgehen könne, sagt er.

Auch unabhängig von der Abstandsregelung hat Grafrath laut Kurz gewichtige Einwände gegen die Windkraftpläne des Nachbarn im Landkreis Starnberg. Schließlich befindet sich in der Umgebung der beiden Gemeinden das Ampermoos mit seiner schützenswerten Artenvielfalt - ein "hochsensibles Naturschutzgebiet", wie der CSU-Gemeinderat sagt. Als Beispiele für die schützenswerten Tiere in dieser Gegend nennt Kurz den Rotmilan sowie den Wespenbussard. Aus diesem Grund habe auch der Landkreis Fürstenfeldbruck darauf verzichtet, Flächen auf Grafrather Ortsgebiet in seine Planungen für mögliche Windkraftstandorte aufzunehmen.

Ob solche Argumente allerdings den Bau von Windrädern stoppen können, ist alles andere als sicher. Schließlich genießt die Windkraft auch in Bayern Privilegierung, ähnlich wie die Wasserkraft oder die Versorgung mit Elektrizität. Das gilt auch nach dem Energiedialog. Wirtschaftsministerin Ilse Aigner habe die Ausbauziele der erneuerbaren Energien von 2011 "ohne Abstriche bekräftigt", sagt Zierl. Die Staatsregierung bietet den Worten der Ziel-21-Vorsitzenden nach sogar an, den Kommunen beim Ausbau der Windkraft zu helfen. Auf dieses Angebot will Zierl zurückkommen, wenn die Bürgermeister aus dem Landkreis demnächst über die Windkraftplanung sprechen. Sollten sich Gemeinden für einen Ausbau entscheiden, dann sollten sie bei der Regierung "anklopfen", damit sie ihre Bauleitplanverfahren "rechtssicher hinkriegen", sagt Zierl.

© SZ vom 05.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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