Wahlkampf:Werbung für ein starkes Europa

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Diskussion über Trump (von links): Katrin Staffler, Reinhold Bocklet, James W. Davis und Frederik Röder. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Bei einer CSU-Diskussionsrunde sprechen Katrin Staffler, Reinhold Bocklet und Politikprofessor James Davis über die Außenpolitik von Donald Trump

Von Manfred Amann, Alling

Donald Trump, dessen Wahl zum Präsidenten der USA die Welt und ganz besonders Europa stark verunsichert hat, durchläuft gerade einen Lernprozess und wird erkennen müssen, dass er ohne Rücksicht auf die außen- und innenpolitischen Realitäten nicht regieren kann. Und je nach dem, was der politisch und diplomatisch unerfahrene Immobilien-Tycoon in der Lernphase annimmt, wird ausschlaggebend dafür sein, ob er politisch überlebt. Für das stärkere Zusammenwachsen Europas könnte Trumps Besinnung auf "America first" sogar von Vorteil sein, wenn das Wachrütteln zu einer Intensivierung des Miteinanders der wichtigsten europäischen Staaten auf politischem, wirtschaftlichen und militärischem Gebiet führt. Die Wertegemeinschaft des Westens werde durch die momentanen transatlantischen Dissonanzen nicht aufgebrochen.

Dieses Fazit lässt sich nach der CSU-Veranstaltung zum Thema: "Welche Zukunft hat der Westen mit Trump", ziehen, zu dem die Ortsverbände aus dem westlichen Landkreis und Fürstenfeldbruck am Montag ins Allinger Bürgerhaus eingeladen haben. Auch wenn die Schlussfolgerung ein Quäntchen Wunsch und Hoffnung der Diskutanten widerspiegelte, waren sich der amerikanische Professor an der Universität Sankt Gallen, James W. Davis, der als profunder Kenner der internationalen Politik gilt, sowie der Vizepräsident des Bayerischen Landtages, Reinhold Bocklet, mit CSU-Wahlkreiskandidatin Katrin Staffler einig, dass "selten so heiß gegessen wird wie gekocht", man aber die Situation für eine Stärkung Europas nutzen sollte.

Gut 70 Interessierte aus den Landkreisen Bruck und Dachau erlebten ein spannendes Gespräch der drei "politischen Hochkaräter", wie Allings Bürgermeister, Frederik Röder (CSU), die Talkrunde als Moderator bezeichnete. Bei der anschließenden Aussprache gab es sogar Lob von Zuhörern für die "klasse Veranstaltung", an der auch Röder durch seine zielgerichtete und lockere Gesprächsführung wesentlichen Anteil hatte. Allings CSU-Ortschef Josef Struwald wünschte sich zudem, der Kreisverband möge sich die Veranstaltung zum Vorbild nehmen.

Bocklet machte deutlich, dass Trump demokratisch gewählt sei, als Immobilien-Milliardär aber kaum politische Erfahrung habe, was von Staaten wie unlängst Saudi-Arabien weidlich ausgenutzt werde. Eine große Gefahr sei es, dass Amerikas Rolle als globale Ordnungsmacht ausfalle, somit an Einfluss verlieren und ein Machtvakuum hinterlassen könnte, was Russland aber auch China gelegen käme. Professor Davis, der in München studiert hat und als politischer Berater international gefragt ist, sieht diese Gefahr auch, glaubt aber fest daran, dass die amerikanischen, erfahrenen Politiker, den Präsidenten "schon richtig steuern" werden. "Trump kann nicht gegen den Kongress und auch nicht gegen die Interessen der Wirtschaft regieren", befand der 53-Jährige. Trumps Zukunft hänge ohnehin weniger von seinen Aktivitäten in Außenpolitik ab, sondern davon, wie viel und was er von dem einlösen kann, was er seinen Wählern, "meist Globalisierungsverlierern" versprochen hat. Er rechne spätestens vor den nächsten Präsidentschaftswahlen mit einem gewaltigen Beben in den USA, sagte Davis, denn Trump werde viele seiner Versprechungen nicht umsetzen können, weil er vom politischen Establishment, gegen das er angetreten ist, abhängig sei.

Bocklet und Staffler sprachen sich dafür aus, dass Deutschland die durch Trumps unkalkulierbare Politik entstandene Verunsicherung nutzen solle, Europa voranzubringen, zumal auch der neue französischen Präsident Emmanuel Macron dafür eintrete. "Trump und Brexit haben gezeigt, was aus Prostest heraus passieren kann", sagte Staffler. Wie von Kanzlerin Angela Merkel bereits beim G20-Gipfel praktiziert, sollte man Trump nicht vor den Kopf stoßen, sondern ihn ernst nehmen. "Es kommt darauf an, ständig in Kontakt zu bleiben und eine Gesprächsatmosphäre schaffen, die nicht auf Konfrontation basiert", sagte Bocklet.

© SZ vom 19.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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