Veranstaltung:Spaß statt Perfektion

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So bunt gemischt wie die bei allen Auftritten getragenen Schals sind auch die Geschichten der Teilnehmer des Projektchors "Oh Happy Day". (Foto: Günther Reger)

Zu seinem fünfjährigen Bestehens verstaltet der Inklusionschor "Oh Happy Day" in Emmering einen für alle offenen Abend. Die Besucher sind zum Mitsingen und Tanzen eingeladen

Von isolde ruhdorfer, Emmering

"Das konnten wir nicht erwarten", sagt Ulrike Buchs-Quante, Sängerin und Gesangspädogin, über den Gospelchor "Oh happy day". Sie meint damit die Erfolge und die unzähligen berührenden Momente, die das bayernweit einmalige Inklusionsprojekt in den letzten fünf Jahren erreicht hat. Die Idee wurde bei einem Benefizkonzert geboren, "denn wenn man gesund ist, kann man auch etwas für andere tun." Sie wollte etwas Größeres, etwas, das eine Botschaft transportiert. So entstand ein Chor, in dem Menschen mit und ohne Behinderung und aus den verschiedensten Ländern gemeinsam singen. Das Interesse war von Anfang an groß. "Bei welcher Teilnehmerzahl soll ich stoppen?", wurde sie gefragt. 90 Menschen ohne und 60 mit geistiger und körperlicher Behinderung hatten sich gemeldet. Geplant war das Projekt anfangs nur für ein Jahr. "Diejenige, die am erstauntesten darüber ist, dass wir jetzt fünfjähriges Bestehen feiern, das bin ich", sagt Buchs-Quante.

Was sie in den vergangenen Jahren erreicht haben, sieht sie an sich selbst, deren Blick auf die Welt sich verändert habe, aber auch am Publikum, das bei den Konzerten stets gerührt sei. Vor allem aber sehe man es bei den Teilnehmern mit Behinderung, die merken, dass sie mehr können, als sie oder andere ihnen zugetraut hätten. Menschen, die vorher schon Probleme damit gehabt hätten, sich zu artikulieren, schafften es nun, richtig mitzusingen. Das "Oh-Happy-Day-Wunder" nennt Buchs-Quante das. Kommt das regelmäßig vor? "Ehrlich gesagt schon", sagt sie und klingt selbst ein bisschen verblüfft. "Wir singen ja nur miteinander."

Dabei ging es bei dem Projekt nie um Höchstleistungen. Als Sängerin kommt Buchs-Quante aus einem Bereich, in dem sonst nur Effizienz und Perfektion zählen. Und auch in der Öffentlichkeit sehe man nur wenige Menschen mit Behinderung. "Die Gesellschaft nimmt sich etwas", meint Buchs-Quante. Sie selbst habe inzwischen andere Werte, die durch den Chor vermittelt werden sollen. Auf Qualität wird trotzdem geachtet. "Anhörbar" soll die Musik auf jeden Fall sein. Von September bis Oktober ist die "knackige Zeit", in der fast 25 Stücke für das jährliche Konzert eingeübt werden. Was dabei herauskommt, ist mehr als nur ein Chorkonzert. "Es ist eine richtige Show", mit Gesang, Percussion und einer Choreografie. Die unterschiedlichen Begabungen sollen dabei unterstützt werden. "Es gibt nirgendwo einen Chor, der so breit aufgestellte Talente hat". Vor allem Freude vermitteln und mitreißen sei ihre große Stärke.

Beim Jubiläumsabend unter dem Titel "Singen und Tanzen im Rudel" geht es weniger darum, dass aufführungsreif musiziert wird, als um das Miteinander. Die Assoziation mit Wölfen durch die Bezeichnung "Rudel" ist gewollt. "Wölfe singen miteinander und haben ein Verbundenheitsgeheule", so Buchs-Quante.

Lediglich die Solisten und Instrumentalisten üben vorher, alle anderen singen und tanzen spontan. Deshalb kann auch jeder, der singfreudig ist, vorbei kommen und mitmachen. Notenkenntnisse sind nicht notwendig, da bekannte Melodien aus Volksliedern, Schlagern und Popsongs erklingen. Der Text wird an eine Wand projiziert, "man kann aber auch einfach nur lalala singen", sagt Buchs-Quante. Im Gegensatz zu einem Auftritt sei das "Rudelsingen" viel lockerer. "Alle haben viel Spaß dabei." Die letzten drei Male seien viele erstaunt gewesen, als es nach zweieinhalb Stunden schon vorbei war.

Auf die Leistung der vergangen Jahre könne man stolz sein, meint Buchs-Quante mit gerührter Stimme. "Aber ich bin einfach nur dankbar". Ob sie sich nach so einer positiven Bilanz noch etwas für die Zukunft wünscht? "Eine Oh-Happy-Day-Stiftung", seufzt sie, "das wäre ein Traum."

Oh Happy Day, "Singen und Tanzen im Rudel", Bürgerhaus Emmering, Samstag, 7. April, 16 bis 18.30 Uhr, Eintritt zehn, ermäßigt fünf Euro

© SZ vom 06.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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