Unglück an unübersichtlicher Einmündung:Gericht entlastet Todesfahrer

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53-jähriger Angeklagter hat mit seiner Berufung gegen hohe Geldstrafe und Fahrverbot Erfolg

Andreas Salch

Die Einmündung in die Staatsstraße 2068 ist vielen Nebelern ein Dorn im Auge. Zwar warnen Schilder vor kreuzenden Radfahrern, doch die Sicht nach rechts ist stark eingeschränkt. Im Juni 2011 verunglückte hier ein Rentner tödlich. (Foto: Johannes Simon)

Wer aus Germering kommt, kennt die Stelle und ist auf der Hut, wenn er dort mit dem Auto unterwegs ist. Täglich mehrmals ereignen sich nach Angaben von Bewohnern aus dem Ortsteil Nebel Beinaheunfälle an der Einmündung der Ortsverbindungsstraße in die Staatsstraße 2068. Besonders Radfahrer sind in großer Gefahr. Wenn sie auch noch aus Richtung Geisenbrunn kommen, würden sie oft mit hohem Tempo den Hügel hinab auf die Einmündung zufahren. So auch ein 69-Jähriger am 27. Juni 2011. Ein Audi-Fahrer, der von Nebel aus in die Staatsstraße einbiegen wollte, übersah den von rechts kommenden Radler. Der Rentner stürzte und erlitt ein schweres Schädelhirntrauma. Ein Hubschrauber brachte ihn in das Schwabinger Krankenhaus. Doch die Ärzte konnten dem Familienvater aus Germering nicht mehr helfen. Vier Wochen später starb er in der Klinik. Den Unfallfahrer verurteilte das Amtsgericht Fürstenfeldbruck im Mai vergangenen Jahres wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe in Höhe von 7200 Euro. Außerdem verhängte es zwei Monate Fahrverbot.

Doch Angeklagte akzeptierte das Urteil nicht. Am Montag legte er deshalb vor dem Landgericht München II Berufung gegen die Entscheidung der ersten Instanz ein. "Ich bin von Haus aus kein Raser", beteuerte er. Er kenne die Einmündung in die Staatsstraße, die der Verteidiger des Autofahrers, Rechtsanwalt Rudolf Fichtl, als "vogelwild" bezeichnete. Er habe den Radfahrer nicht gesehen, räumte der Angeklagte ein. Ihm sei die Sicht durch einen dicht bewachsenen Grundstückszaun verstellt gewesen. Außerdem habe das Gras auf dem Grünstreifen sehr hoch gestanden. Als er den Rentner gesehen habe, habe er gebremst. "Dann ist es halt passiert", sagte der 53-Jährige und fügte hinzu: "Mehr wie langsam kann ich nicht fahren."

Ein Polizist von der Inspektion in Germering, der an der Unfallstelle war, bestätigte bei seiner Aussage vor dem Landgericht: "Das Problem ist der Zaun, der engmaschig ist und sehr nahe am Radweg steht. Autofahrer können nicht an dem Zaun vorbeisehen." Vor kurzem wurden drei Abschnitte jenes Zaunes entfernt, um die Sicht für Autofahrer zu verbessern. Oberbürgermeister Andreas Haas, so der Polizeihauptmeister, habe ihm gesagt, er werde sich im nächsten Jahr um eine umfassende Entschärfung der gefährlichen Einmündung kümmern. Der letzte schwere Unfall an der Abbiegung passierte vor drei Wochen.

Ob der 53-Jährige die Kollision hätte verhindern können, blieb letztlich ungeklärt. Das Gericht hatte zur Klärung dieser Frage zwei Sachverständige für Straßenverkehrsunfälle geladen. Der eine meinte, der Unfall wäre für den Angeklagten vermeidbar gewesen, vorausgesetzt, er hätte sich in den Radweg "hineingetastet". Der andere Sachverständige indes sagte, selbst dann hätte der Angeklagte den Unfall nicht vermeiden können. Angesichts dieses Patts beantragte die Vertreterin der Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen eine Geldauflage in Höhe von 3600 Euro zugunsten einer sozialen Einrichtung einzustellen und das zweimonatige Fahrverbot aufzuheben. Das Landgericht folgte schließlich diesem Antrag.

© SZ vom 20.08.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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