Tod eines dreijährigen Kindes:Risiko beim Einscheren

Lesezeit: 2 min

Der Verkehrsunfall bei Germering regt Diskussionen über die Beschleunigungsstreifen an der Bundesstraße 2 an. Auch Autofahrer, die nicht wie die Verursacherin am Freitag viel zu schnell fahren, haben Probleme mit diesen Zufahrten

Von Andreas Ostermeier, Germering

Der Hergang des Verkehrsunfalls, an dessen Folgen nun ein drei Jahre altes Mädchen gestorben ist, ist für die Germeringer Polizei klar. Eine Fahranfängerin - nach Angaben von Andreas Ruch, Sprecher der Inspektion in Germering, hat sie den Führerschein erst im Januar erworben - sei aufgrund mangelnder Fahrpraxis und zu hohen Tempos auf der Zufahrt zur Bundesstraße am vergangenen Freitag beim Einfahren in die B 2 Richtung München nicht auf den Beschleunigungsstreifen, sondern gleich auf die Fahrbahn geraten, sagte Ruch. Dort prallte sie in die Beifahrerseite des Wagens einer Eichenauerin. In deren Auto befanden sich auch die zwei Kinder der Frau. Eines davon ist nun tot, das andere liegt, ebenso wie die Mutter, mit sehr schweren Verletzungen auf der Intensivstation. Den Zustand von Mutter und Kind bezeichnete Ruch am Mittwoch als stabil.

Hätte sich der schwere Unfall also verhindern lassen, wenn die 18-Jährige mit angemessener Geschwindigkeit gefahren wäre, so gibt es doch auch unter erfahrenen Autofahrern immer wieder Unzufriedenheit mit den Einfahrten in die Bundesstraßen im Landkreis. Der Beschleunigungsstreifen bei Germering sei zu kurz, lautet eine Meinung unter Diskutierenden auf Facebook. Auch die tägliche Erfahrung lehrt: Mancher Autofahrer tut sich schwer mit diesen Zufahrten. So bleiben an den Einmündungen Fahrer stehen und warten, bis die Straße frei ist. Das bestätigt auch die Polizei. Er beobachte, dass Autofahrer sich nicht trauten, auf dem Beschleunigungsstreifen ihr Tempo zu halten, um in den fließenden Verkehr hineinfahren zu können, sagt Ruch. "Man muss sich trauen!", empfiehlt er und rät, nicht bis zum Ende des Streifens zu fahren und dort anzuhalten, weil es schwierig ist, aus dem Stand in die B 2 einzufahren.

Vorsicht beim Abbiegen! Für die Einfahrt auf die B2 bei Germering rät ein Fahrlehrer zu Tempo 20 auf dem Beschleunigungsstreifen. Erst wenn Autofahrer den nachfolgenden Verkehr im Auge haben, sollen sie Gas geben und auf die Fahrbahn wechseln. (Foto: Günther Reger)

In den Stoßzeiten kann dies allerdings schwierig sein, weil dann auf der Bundesstraße Auto an Auto fährt. Das weiß auch Ruch. Er ersucht deshalb auch die Autofahrer, die in der Schlange fahren und Vorfahrt haben, Rücksicht auf die zu nehmen, die einscheren möchten. Statt auf den eigenen Rechten zu beharren, könne man auch mal abbremsen und einem anderen die Vorfahrt gewähren, sagt der Germeringer Polizeisprecher. Die Alternative sind neue Schilder, wie sie auf der Lindauer Autobahn aufgestellt wurden. Mithilfe eines Bildes fordern sie die Autofahrer auf, andere einfädeln zu lassen.

Der Germeringer Fahrlehrer Werner Reichelt hat ebenfalls schon bemerkt, dass Autofahrer sich auf dem Beschleunigungsstreifen nicht richtig verhalten. Vor der Kurve müsse man abbremsen, dann im zweiten Gang und etwa mit Tempo 20 den Beschleunigungsstreifen befahren und im Rückspiegel den nachfolgenden Verkehr beobachten, um in die Bundesstraße einscheren zu können, wenn es der Zwischenraum zwischen zwei Fahrzeugen zulasse, sagt er, merkt aber auch an, dass der Streifen kurz sei, "wie alle Auffahrten in diesem Bereich".

Scharfe Kurve: Die Zufahrt zur B2 Richtung München (im Bild rechts) knickt stark nach rechts ab. (Foto: Google Maps)

Die Schwierigkeiten mit den Beschleunigungsstreifen sind auch beim Bauamt Freising bekannt, das für die Bundesstraßen im Landkreis zuständig ist. Von Mitarbeiter Alex Eder ist zu erfahren, dass in der Behörde auch kontrovers über die Zufahrten diskutiert werde. Die Befürworter führen laut Eder an, dass die Einfahrt in Schnellstraßen anders kaum gelingt, die Gegner halten es für zu wenig sicher, wenn die Autofahrer beim Einscheren den Verkehr nur im Rückspiegel beobachten können. Ihnen wäre es lieber, die Autofahrer müssten abbremsen und nach links schauen, ob sie in die Straße einfahren können.

Allerdings, darauf macht Eder aufmerksam, ist die B 2 an dieser Stelle kein Unfallschwerpunkt. Das bestätigt auch die Polizei. Allein wegen des Verkehrsunfalls vom Freitag jetzt über den Rückbau des Beschleunigungsstreifens zu diskutieren, hält Eder deshalb für falsch. Den Einfahrten bei Germering billigt er im Übrigen ein "relativ hohes bauliches Niveau" zu.

© SZ vom 06.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: