Talenttag:Noten für Dribbling, Torschuss und Spielwitz

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Der sechsjährige David demonstriert bei der Talentsichtung des SC Fürstenfeldbruck sein Können, ein Trainer macht sich Notizen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Die finanziellen Turbulenzen haben dem SC Fürstenfeldbruck als Ausbildungsverein junger Fußballer offenbar nicht geschadet: Das Interesse am Talenttag ist jedenfalls gleich geblieben

Von Karl-Wilhelm Götte, Fürstenfeldbruck

Die Szenerie auf dem Kunstrasenplatz ähnelt den vorangegangenen Veranstaltungen dieser Art des SC Fürstenfeldbruck. Auf dem Rasen haben sich drei Fußball-Kindergruppen mit den SCF-Trainern versammelt, am Spielfeldrand stehen Mütter und Väter und blicken erwartungsvoll auf das Geschehen bei der alljährlichen Talentsichtung des Vereins. Der stand monatelang am Rande der Insolvenz, aber auf die Jugendabteilung scheint der gerade überstandene finanzielle Kollaps keine negativen Auswirkungen gehabt zu haben. Auch das Vertrauen der Eltern in die Ausbildungsqualität des SCF ist ungebrochen. Alle würden sich freuen, wenn ihr Sohn - aber auch zwei Mädchen sind dabei - später zum Mannschaftstraining eingeladen werden würden.

25 Kinder waren angemeldet, 23 sind gekommen. "Das ist ungefähr die Zahl der vergangenen Jahre", sagt Jugendtrainer Fritz Hölscher, der bei den Zehn- bis Zwölfjährigen steht und sich Notizen über das Können der Kinder macht. Was sollen sie können? "Sie sollen erst einmal gute Sportler sein", bekräftigt Hölscher. Die fußballerischen Feinheiten würden ihnen dann die Jugendtrainer des Vereins beibringen. Hölscher sicher: "Dafür sind wir ja da." Doch der "Spielerbeobachtungsbogen", so heißt das Blatt, dass Organisator Jens Reimschüssel erarbeitet und verteilt hat, vermerkt trotzdem schon mal das fußballerische Können der Kinder. "Dribbling", "Kopfball", "Torschuss" oder "Antrittsschnelligkeit" steht darauf zum Ankreuzen für die Beobachter. Aber auch "Selbstvertrauen" und "Spielwitz" sind unter den 24 Kriterien auf dem Papier zu finden, die die Talentsichter mit gut, mittel oder schlecht bewerten können.

"Wir haben Vertrauen in die Jugendtrainer hier beim SCF", sagt Erhan Dügdü aus Alling. Er hat seinen achtjährigen Sohn Berkay zur Talentsichtung mitgebracht. Der Vater hofft darauf, dass ihn der SCF nimmt: "Er soll hier ordentlich Fußballspielen lernen." Das könnte klappen, haben die Söhne von Dügdü offenbar Talent. Berkays zwei Jahre älterer Bruder Tamaj spielt bereits in Fürstenfeldbruck. Auch andere Eltern hoffen auf ein Probetraining beim SCF. Auch der zwölfjährige Altan aus dem Münchner Norden spielt vor. "Ich kenne den SCF von früher", sagt Altans Vater, "die Jugendarbeit hat hier einen sehr guten Ruf." Er hat auch vom Insolvenzverfahren gehört, aber das stört ihn nicht weiter.

"Etwa zehn von den 23 Kindern nehmen wir, die dann zum Mannschaftstraining kommen dürfen", sagt Fritz Hölscher und schaut auf seinen Bogen.

Der zehnjährige Nico, der gerade einen eleganten Übersteiger zeigt, gefällt ihm gut. Ein Vereinsname steht hinter dem Namen von Nico auf Hölschers Zettel nicht. "Wir wollen uns dadurch nicht beeinflussen lassen." Die Jugendteams haben auch angesichts der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Clubs weiter gespielt. "Es ist alles normal gelaufen", sagt Hölscher. Am erfolgreichsten war die B-Jugend in der Landesliga. Mehrere Jahrgänge sind nach wie vor doppelt besetzt. Hölscher rechnet für die kommende Spielzeit sogar mit drei D-Jugendmannschaften. Nur bei der A-Jugend hapert es. Die muss man wohl mit B-Jugendlichen auffüllen, damit im Sommer eine zustande kommt.

Besonders quirlig laufen die kleinsten Talente hin und her. Jens Reimschüssel versucht sie zu dirigieren; manchmal auch erfolglos. Auffällig ist die Nummer 48 mit einem Trikot bis zu den Knien. Der sechsjährige David trägt Schienbeinschoner, darauf steht FC Bayern München. Die kleinen Fußballkinder wuseln herum, schießen und passen den Ball. Sie machen nicht immer das, was Reimschüssel sagt. "Aber das macht immer Spaß mit den Kleinen", sagt der Trainer. David würde gerne wiederkommen. Ob er seine Fußballkarriere hier beginnen darf, erfahren er und seine Eltern später. Auf jeden Fall sorgte die Jugendabteilung des Vereins nach den vielen Negativmeldungen für einen Imagegewinn.

© SZ vom 19.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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