SZ-Serie Lebenslanges Lernen, Teil 7:Grundlagen für Alltag und Arbeit

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Für Petra Dunkel, 64, ist der Job als Lehrerin nicht nur Beruf, sondern auch Berufung. (Foto: Johannes Simon)

Petra Dunkel unterrichtet in der Volkshochschule Germering Zuwanderer und Flüchtlinge in Deutsch und schätzt die persönlichen Kontakte

Von Andreas Ostermeier, Germering

Petra Dunkel ist eine der ersten Ansprechpartnerinnen für Migranten und Flüchtlinge, die nach Germering kommen. Denn die 64-Jährige unterrichtet Deutsch. Viele Hundert Migranten hat Dunkel bereits unterrichtet. Im Jahr 2005 ging das richtig los. Damals entstanden die Integrationskurse, die vor allem für Menschen gedacht waren, die wegen der Arbeit nach Deutschland kamen. In den Kursen geht es zudem um eine Einführung in das alltägliche Leben und um die Geschichte des Landes.

Deutsch als Fremd- oder Zweitsprache unterrichtete Petra Dunkel zu diesem Zeitpunkt schon viele Jahre lang. Die studierte Germanistin und Linguistin hatte in London mit dem Sprachunterricht angefangen, nachdem ihr Mann von seiner Firma in die britische Hauptstadt geschickt worden war. Dunkel gab Deutschstunden, nur ein paar pro Woche, wie sie erzählt. Deutsch zu lehren gefiel ihr, ebenso der Kontakt zu den Teilnehmern der Kurse. Als die Familie Anfang der Neunzigerjahre nach Germering zog, wieder wegen der Arbeit des Mannes, nahm sie deshalb eine Tätigkeit als Dozentin der Volkshochschule an. 2017 konnte sie ein Jubiläum feiern, denn ist ihr erster Kurs war 25 Jahre her.

Seitdem hat sich viel geändert. Die Anforderungen an die Unterrichtenden sind gestiegen. Die Prüfungen, die die Germeringerin absolviert hatte, genügten nicht mehr, um bei den Integrationskursen Deutsch unterrichten zu dürfen. Also besuchte Dunkel weitere Schulungen und legte zusätzliche Prüfungen ab. Geändert hat sich auch die Zusammensetzung der Teilnehmer der Deutschkurse. Anfang der Neunzigerjahre gehörten dazu viele Flüchtlinge aus den gegeneinander Krieg führenden Teilen Jugoslawiens. In der Flüchtlingsunterkunft am Starnberger Weg brachte Dunkel den Geflüchteten Deutsch bei. Die vom Krieg Vertriebenen, die sie heute unterrichtet, stammen großteils aus Syrien oder anderen Ländern dieser Region.

Heute geben Dunkel und ihre sechs Mitstreiterinnen der Germeringer Volkshochschule aber vor allem Zuwanderern Deutschstunden, die der Arbeit wegen nach Deutschland gekommen sind oder bereits im Land leben. Vor allem sind das Menschen aus Osteuropa und den Balkanstaaten. Sie haben meist eine Arbeit, oftmals im niedrig bezahlten Dienstleistungsbereich, sind also beispielsweise Reinigungskräfte oder Paketfahrer. Um die Chance auf einen einträglicheren Beruf zu bekommen, wollen sie ihre Sprachkenntnisse verbessern. Dafür kommen sie zweimal in der Woche zur Deutschstunde. Manchmal habe sie ganze Bautrupps in ihren Stunden, erzählt Dunkel. Diese Männer, oft aus dem Kosovo, arbeiten meist für einen Verwandten, der bereits eine Firma im Umkreis von München hat.

Die Zusammenarbeit mit den Sprachschülern, die ein Ziel haben, sei besonders befriedigend, sagt Dunkel. Dabei lerne auch sie selbst viel über unterschiedliche Lebensstile und Einstellungen. Dem einen oder anderen Teilnehmer hat die Germeringerin auch bei der Suche nach Wohnung oder Arbeit geholfen. Bekanntschaften sind entstanden. Bisweilen werde sie von ehemaligen Teilnehmern auf der Straße in Germering erkannt und angesprochen. Neuankömmlingen zu helfen, im deutschen Alltag Fuß zu fassen, das empfinde sie immer noch als sehr sinnstiftend, sagt Dunkel. Deshalb denkt sie auch nicht daran, mit 65 Jahren aufzuhören. Ihr Engagement für den Deutschunterricht kennt keine Altersgrenze.

© SZ vom 21.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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