Streit im Stadtrat:Gehsteig als Ausweichroute

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Viele parkende und viele fahrende Autos: In der Beethovenstraße (im Bild: Ecke Eugen-Papst-Straße) geht es häufig ziemlich eng her. (Foto: Carmen Voxbrunner)

In der Beethovenstraße in Germering gefährden rücksichtslose Autofahrer Fußgänger und Radler. Eine Anwohnerin attackiert die Stadträte verbal, die Vorschläge für mehr Sicherheit ignorieren

Von Andreas Ostermeier, Germering

Sitzungen, in denen sich die Stadträte einig sind, müssen dennoch nicht harmonisch verlaufen. Das hat sich in der Bauausschusssitzung am Dienstag gezeigt. Unisono lehnten Sprecher aller Fraktionen eine Einbahnregelung für die Beethovenstraße ab. Über dieses Votum war eine Zuhörerin so erbost, dass sie die Stadträte verbal heftig attackierte. Auch von Oberbürgermeister Andreas Haas ließ sich die Frau nicht beruhigen, die in der Beethovenstraße wohnt und schwere Verletzungen erlitten hatte, als sie einer Autofahrerin auswich. Dabei hatte Haas als einziger für eine Einbahnregelung votiert.

Grund für die Diskussion über die Beethovenstraße waren Hinweise von Anwohnern, dort missbrauchten immer wieder Autofahrer den Gehsteig, um entgegen kommenden Autos auszuweichen. Durch solche Ausweichmanöver können Fußgänger gefährdet werden. Anlass für die Fahrmanöver ist die geringe Breite der Straße. In der kommen zwei Personenwagen nicht aneinander vorbei, wenn am Straßenrand Autos geparkt worden sind, was laut Verwaltung regelmäßig auf der Südseite der Straße geschieht. Neben Personenwagen befahren auch Schulbusse - auf dem Weg zum Hallenbad in der Max-Reger-Straße - die Beethovenstraße.

Nach den Verkehrsregeln müsste nun der Autofahrer, auf dessen Seite sich parkende Fahrzeuge befinden, die Fahrbahn für den Gegenverkehr frei machen und in Lücken zwischen die abgestellten Wagen ausweichen. Das aber passiert nicht in jedem Fall, sei es weil der Fahrer keine Lücke findet oder weil er sich nicht um die Regeln schert. Mitarbeiter eines Fachbüros haben beobachtet, dass etwa jedes vierte Fahrzeug bei Gegenverkehr über den Gehweg ausweicht und möglicherweise Fußgänger oder radelnde Kinder in Gefahr bringt.

Die Stadt hat deshalb Vorschläge erarbeiten lassen, wie die Situation sicherer werden könnte. Dabei empfahl ein Fachbüro, das Parken einzuschränken, damit Lücken für ausweichende Fahrzeuge entstehen, einen der beiden Gehwege zu verschmälern oder ganz zu entfernen, um die Fahrbahn breiter machen zu können, oder eben eine Einbahnstraßenregelung zu erlassen. Diesen Vorschlag unterstützte auch die Germeringer Polizei.

Die Stadträte wollten von all diesen Veränderungen jedoch nichts wissen. Stadtrat Johann Pichelmaier (CSU) sagte, er befürchte, dass in der Straße schneller gefahren werde, wenn es keinen Gegenverkehr mehr gibt. Robert Baumgartner (SPD) wies darauf hin, dass die Beethovenstraße nicht die einzige Straße in Germering sei, in der es eng werde, wenn zwei Autos aneinander vorbeifahren wollten, und Hadi Roidl (Grüne) hielt eine Einzellösung nicht für sinnvoll. Franz Hermansdorfer, Verkehrsreferent des Gremiums und Stadtrat von FWG/UBG, sowie Karin Sepp (ÖDP/Parteifreie) plädierten ebenfalls dafür, die bisherige Verkehrsregelung beizubehalten. Einzig Haas zeigte sich aufgeschlossen für eine Einbahnstraßenregelung, zumal eine solche Lösung auch nur ein paar Hundert Euro kostet, um die entsprechenden Schilder anzuschaffen und aufzustellen.

Sehr unzufrieden mit der Diskussion und dem Abstimmungsergebnis zeigte sich die erwähnte Anwohnerin. Sie ist selbst schwer verletzt worden, als sie sich mit einem Sprung vor einer Autofahrerin retten wollte, die über den Gehweg fuhr, um einem anderen Auto auszuweichen. Bei dem Sprung prallte sie an ein Gartentor und brach sich drei Wirbel. Deshalb muss sie ein Korsett tragen. Den Kommunalpolitikern warf sie vor, nichts gegen die Gefährdungen für Fußgänger und Anwohner zu unternehmen. Wegen des rücksichtlosen Verhaltens von Autofahrern hätten Senioren Angst, zu Fuß ihre Grundstücke zu verlassen, und Mütter fürchteten um die Gesundheit ihrer Kinder, sagte sie.

© SZ vom 07.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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