Rücktritt:Wundenlecken bei der CSU

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Der Fürstenfeldbrucker Ortsvorsitzende Johann Schilling tritt klammheimlich ab. Dass dieser Schritt die späte Konsequenz aus der Wahlniederlage ist, bestreitet der ehemalige Zweite Bürgermeister

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Wie verkraftet eine Partei wie die CSU in Fürstenfeldbruck den Verlust des Oberbürgermeisters und von vier Stadtratsmandaten? Obwohl es im Ortsverband brodelt und es mehrere Lager gibt, ist eines noch nicht passiert: Die Wahlanalyse der Akteure steht noch aus, in der offen und schonungslos über die Gründe der eigenen Niederlage diskutiert wird. Sie ist für Mitte September terminiert. Also viel zu spät, wie einige CSU-Mitglieder meinen. Intern wird dafür heftig diskutiert, ob Oberbürgermeisterkandidat Andreas Lohde wirklich die richtige Besetzung war. Eine Entscheidung ist dagegen bereits gefallen: Ortsvorsitzender Johann Schilling hat sein Amt zum 1. August niedergelegt, auch wegen der ungeklärten Fragen, wie Mitglieder behaupten. Die Öffentlichkeit wurde jedoch nicht über den Schritt informiert.

Es läuft ja alles weiter, wie gehabt. Auf der Internetseite wird Schilling noch als Ortsvorsitzender geführt, nur dass inzwischen seine drei Stellvertretender Andreas Lohde, Michael Piscitelli und Michael Roiger die Brucker CSU kommissarisch führen. Obwohl selbst Vorstandsmitglieder einen Zusammenhang zwischen Schillings Rücktritt und dem Wahldebakel herstellen, begründet der ehemalige Vorsitzende seinen Schritt ausschließlich mit beruflichen und privaten Gründen. Er habe, was ganz normal sei, Platz gemacht für die Jungen, sagt der 57-Jährige, schließlich stehe die Brucker CSU "vor einem Neuanfang und muss sich entwickeln". Den Rücktritt öffentlich zu machen, sei nicht erforderlich gewesen, schließlich seien die Mitglieder ja informiert worden. Nun ist Schillig ja nicht irgendjemand. So wollte er selbst einmal Oberbürgermeister von Fürstenfeldbruck werden. Er war insgesamt zehneinhalb Jahre lang CSU-Chef in Bruck und er arbeitete bei der Mitgliederwerbung so erfolgreich, dass Edmund Stoiber Schillings Meriten mit einer Einladung zu einem Frühstück in seinem Privathaus in Wolfratshausen honorierte. Als Schilling vor sechs Jahren Zweiter Bürgermeister wurde, musst er intern zusagen, seine Ambitionen auf das Amt des OB ganz aufzugeben.

Schillings parteiinterne Kritiker wollen allesamt nicht namentlich genannt werden. Schließlich halten es einige für problematisch, dass der ehemalige Zweite Bürgermeister als Bauleiter für eine große Baufirma tätig war und ist, was schon mal zu Interessenskonflikten führen könne.

Wahlverlierer Lohde räumt ein, dass nicht alles optimal lief, dass für viele CSU-Anhänger das Wahlergebnis schmerzlich war und dass im Ortsverband darüber geredet wird, ob er wirklich der richtige Kandidat war. Das sei normal, so etwas gebe es bei jedem Bewerber. Und Lohde kündigt an, am 16. September werde intern diskutiert, "wo wir die unterschiedlichen Gründe sehen" und "wo die unterschiedlichen Positionen sind". Vorher sollten "gegenseitige Schuldzuweisungen" unterlassen werden. Lohde wird nachgesagt, eine zweite OB-Kandidatur anzustreben.

Platz für einen Jüngeren gemacht: So begründet Johann Schilling seinen Rücktritt vom CSU-Ortsvorsitz. (Foto: Simon)

Auch für Knatsch in der CSU-Stadtratsfraktion gibt es Indizien. Die Fraktion hatte einstimmig beschlossen, dass der ehemalige Fraktionsvorsitzende Herwig Bahner Mitglied des Sparkassen-Verwaltungsrats werden sollte. Gewählt wurde aber, vermutlich mit CSU-Stimmen, wie gemunkelt wird, Stadtrat Markus Droth. Nur war Droth zuvor bei der Nominierung als OB-Kandidat gegen Lohde durchgefallen. Und auch die Wahl des Zweiten Bürgermeisters im Stadtrat lief nicht nach den Vorstellungen aller CSU-Räte. Franz Höfelsauer machte sich Hoffnung auf den Posten, der neue OB Klaus Pleil verhandelte mit CSU-Stadtrat Erich Raff und verschaffte diesem die Mehrheit. Im Ortsverband gibt es Mitglieder, die sich um Droth scharen, und solche, die Lohde unterstützen.

Das entspricht, wie es heißt, in etwa den beiden Lagern. Nur will man offen nicht darüber reden. Der langjährige Stadt- und Kreisrat Ludwig Lösch ist für seine klaren kritischen Worte zu seiner Partei bekannt. Auch er äußert sich diesmal sibyllinisch und sagt nur: "Schön ist das nicht." Da er nicht mehr aktiv sei, müsse er sich wenigstens nicht mehr ärgern. Den aktuellen gemeinsamen Nenner der Brucker CSU nennt Droth. "Die CSU befindet sich in einer Richtungsdiskussion", sagt er. Der Ortsverband müsse wieder diskussionsfreuiger werden, eine Plattform für politische Diskussionen werden und sich zu kritischen Themen äußern. Eine Lagerbildung bestreitet Droth. Er verweist auf neue, in den Vorstand kooptierte Leute, die für den begonnen Umbruch stehen.

© SZ vom 28.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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