Open-Air-Festival:Party mit Paradiesvogel

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Das Open-Air-Festival der Subkultur im Alten Schlachthof lebt auch diesmal von der musikalischen Zusammensetzung und den günstigen Eintrittspreisen. Unter die Jugendlichen mischen sich auch einige Junggebliebene

Von Jana Erthel, Fürstenfeldbruck

In lediglich einer Unterhose bekleidet, mit orangefarbenen Stulpen an den Armen und einer glitzerbeschmierten Brust tritt "Bird Berlin" auf dem Open-Air-Festival des Vereins Subkultur auf. Seine einfach gehaltenen, deutschen Texte gehen ins Ohr und lassen sich leicht mitsingen. Die Stimmung ist auf ihrem Höhepunkt, jeder im Publikum ist von dem schillernden Paradiesvogel beeindruckt. Es wird gejubelt und mit der Handykamera gefilmt - diese Performance muss dokumentiert und mit Freunden geteilt werden.

"Cheerio Joe" beim Open-Air-Festival. (Foto: Günther Reger)

Schon vor dem Betreten des Festivalgeländes vernehmen die Besucher den Sound der auftretenden Bands: Es werden viele verschiedene Musikrichtungen gespielt, mal klingen sie alternativ, mal sehr rockig. Im Innenhof des in die Jahre gekommenen Alten Schlachthofs befinden sich kleinere Stände mit Essen und ein paar Bierbänke. Der Geruch von Tabak und Bier, salzigen Pommes und süßen Donuts liegt in der Luft. Unter einem Pavillon haben die Festivalbesucher die Möglichkeit zu kickern oder an einer Fotobox Erinnerungsbilder zu schießen. Das etwas abgenutzte Äußere des Gebäudes spiegelt sich auch in der Dekoration und Gestaltung der beiden Bars und den WC-Containern wider. Letztere wurden mit bunten Aufklebern und Schriftzügen verziert, die teilweise auch politische Statements verbreiten.

Abhängen beim Open-Air-Festival. (Foto: oh)

Langsam versinkt die Sonne am Horizont und überlässt es den Lichterketten, die Veranstaltung in warmes Licht zu tauchen. Während anfangs noch viele Besucher auf ein Bier beisammenstehen oder auf den Campingstühlen am Rande des Innenhofs Platz nehmen, kommt zu fortgeschrittener Stunde richtige Partystimmung auf. Die selbstgeschriebenen Lieder der Brucker Band "Cheerio Joe" animiert die Leute noch vor dem Auftritt des exzentrischen "Bird Berlin" zu tanzen. Christina Heckmann ist 58 Jahre alt und besucht das Festival schon seit vielen Jahren. Sie sagt, sie könne viele Lieder der "Cheerio Joes" bereits auswendig mitsingen, und hätte auch einige Favoriten, von denen sie hoffe, dass sie auch an diesem Abend gespielt werden würden.

Gute Aussichten: Vor der Festivalbühne tummeln sich die Besucher im Alten Schlachthof. (Foto: oh)

Das Publikum des Festivals ist sehr vielfältig: Unter die hauptsächlich alternativ gekleideten Jugendlichen mischen sich auch "Junggebliebene", in Fransen-Lederjacken gehüllt und mit Bandanas auf dem Kopf. Einer der Organisatoren der Veranstaltung, Raphael Knipping, vergleicht das Festival deshalb mit einem "großen Familientreffen". Viele der älteren Besucher hätten das Open-Air-Festival auch schon in ihrer Jugend besucht. Die familiäre Atmosphäre wird vor allem von der Offenheit der etwa 500 Besucher des Musikfestes getragen: Schnell wird auf neue Freundschaften angestoßen, gemeinsam getanzt und mitgegrölt. Auch Heckmann freue sich darauf, mit der jungen Masse "zu verschmelzen", sagt sie und bewegt sich zum Takt der Musik.

Auf dem Festival treten nicht nur Bands aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck auf. Künstler wie "Bird Berlin" aus der Hauptstadt oder die Folk-Rock-Band "Mainfelt" aus Südtirol sind extra angereist. Ihre Begeisterung und ihr Spaß an der Veranstaltung ist den Besuchern deutlich anzusehen: Sie haben ein breites Grinsen im Gesicht. Manche von ihnen schließen bei einigen ruhigen Songs die Augen, wippen sachte hin und her und scheinen sich ganz in der Musik zu verlieren. Auch Knipping bestätigt im Nachhinein das durchweg positive Feedback des Publikums. Für viele sei das Festival auch wegen des Eintrittspreises von acht Euro für zwei Tage so attraktiv. Dies bestätigt auch der 20-jährige Samih Sert. Für den Emmeringer stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis der Veranstaltung. Ihm gefalle vor allem die Livemusik, deren Programm einen jeden Besucher ansprechen würde. Er könne das Festival auch aufgrund seiner Lokalität weiterempfehlen: Oftmals sei es nämlich sehr mühsam, für einen Klubbesuch nach München zu fahren.

Einer großen Beliebtheit erfreut sich auch das kleine Bällebad. "Auf ihn mit Gebrüll", hört man da und immer wieder kullern bunte Plastikbälle über den mit Straßenkreide bemalten Betonboden. Denn die ausgelassene Stimmung animiert den einen oder anderen Festivalbesucher dazu, seinen Freunden im Bällebad eine kleine Abreibung zu verpassen. Ansonsten sei die Veranstaltung aber friedlich verlaufen, berichtet Knipping augenzwinkernd. Es hätte keine Komplikationen gegeben, weder zwischen einzelnen Festivalbesuchern noch mit der Brucker Nachbarschaft. Die zwei Tage Festival waren geprägt von einem aufgeschlossenen Miteinander, in dem der Auftritt von "Bird Berlin" nur ein Highlight von vielen im gesamten Programm darstellte.

© SZ vom 01.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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