Neue Polizeiuniform:Blau, praktisch, unauffällig

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Der Fürstenfeldbrucker Kommissar Andreas Rau testet im Auftrag des Innenministeriums die neue Uniform für die bayerische Polizei. Reaktionen löst er damit kaum aus

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Seinen Kindern ist die neue Uniform kaum aufgefallen. Die Kleinen kennen blau gekleidete Polizisten aus ihren Bilderbüchern. Alles ganz normal in der Familie Rau. Nun, nicht ganz. Denn Vater Andreas Rau, Polizeikommissar und stellvertretender Dienstgruppenleiter in der Inspektion Fürstenfeldbruck, geht in blauer Uniform aus dem Haus und kommt in Blau zurück von der Schicht. Bis zum 31. März werden ihn seine Kinder, die Kollegen in Bruck und die Bevölkerung in dieser Zeit so sehen, danach muss er wieder die Farben Moosgrün und Beige tragen. Der 31-Jährige testet im Auftrag des bayerischen Innenministeriums die künftige Dienstkleidung der bayerischen Polizei.

"Wenn ich auf Streife bin, dann ignorieren die Leute die Uniform oder sie fragen nach, ob das die neue ist", sagt Andreas Rau. Seit Anfang August ist er in der blauen Dienstkleidung unterwegs, hat noch keine negativen Erfahrungen damit gemacht. In den Polizeiinspektionen Germering und Olching testen Kollegen von Rau ebenfalls die blauen Sachen, in der Brucker Inspektion ist ein weiterer Beamter mit den Stücken nach baden-württembergischen und österreichischem Vorbild ausgestattet worden. Rau nimmt an, dass er bislang deshalb so wenig in seiner neuen Uniform aufgefallen sei, weil die Bayern diese Farbe aus den Nachbarländern schon kennen. Und seit Ende 2012 ist ja auch die Bundespolizei, der frühere Bundesgrenzschutz, in blauen Uniformen unterwegs.

Seit 13 Jahren trägt der Kommissar den "Försteranzug", wie Spötter die grün-beigefarbene Uniform der bayerischen Polizei nennen. Das waren die Farben, die 1972 ausgewählt wurden, weil sie frischer erschienen als das Blau der bayerischen Landpolizei. Es waren aber nicht nur neue Farben, es waren auch neue Materialien, die strapazierfähiger sein sollten. Mischgewebe, Kunstfasern waren in, und der bekannte Modeschöpfer Heinz Oestergaard entwickelte damals Schnitte, die gerade modisch, aber oft nicht praktisch waren und sich nicht an die Entwicklung bei der Polizei anpassen ließen. So wurde vor 42 Jahren nicht daran gedacht, dass auch Frauen in den Polizeidienst gehen würden. Entsprechend problematisch war die Beschaffung wirklich passender Uniformteile für das weiblich Personal. Als dann aus praktischen Erwägungen Jeans und Cargohosen in Beige als offizielle Beinkleider zugelassen wurden, begann eine Art Mischbetrieb - Hauptsache, die Farben passten noch zusammen. Bayern ist das letzte Bundesland, in dem Beamte wie Andreas Rau die heute unzeitgemäßen Farben noch tragen müssen. 2005 ließ der damalige Innensenator und vorherige Münchner Kripo-Chef Udo Nagel für die Hamburger Polizei erstmals blaue Uniformen einführen, für deren Schnitt der Designer Luigi Colani verantwortlich ist. Es folgten Hessen und weiter Bundesländer, bis nur noch Bayern blieb, wo erst im vergangenen Jahr die bayerischen Polizisten nach Farbwünschen befragt wurden. Über die Mehrheit entschied sich für Blau.

Andreas Rau hat an dieser Umfrage nicht teilgenommen. Das schloss sich aus, weil er sich bereits für den achtmonatigen Trageversuch beworben hatte. Die Vorauswahl der Bayern war recht schnell klar: das, was die Kollegen aus Baden-Württemberg seit 2011 und die Österreicher bereits seit 2004 tragen, wollte man auch hier ausprobieren. Also wurden die 500 Testträger mit einer Vielzahl von neuen, blauen Kleidungsstücken versorgt, nachdem auf die Modelle die bayerischen Polizeiwappen aufgenäht worden waren. Statt moosgrün ist nun die Farbe unter dem bayerischen Wappen ein tiefes Dunkelblau, dunkler noch als die Uniform selbst. Das goldgestickte Wappen mit weiß-blauen Rauten prangt auf Kurz- wie Langarmhemden, auf Dienstjacken und Parkas am linken Ärmel oben. In Gold ist auch der Schriftzug Polizei in den Hemdenstoff gestickt.

Acht Monate lang trägt der Brucker Polizist Andreas Rau eine blaue Uniform als Testperson. (Foto: Reger)

"Die österreichischen Hemden sind weicher, weil sie aus Baumwolle sind, in denen aus Baden-Württemberg ist ein 20-prozentiger Polyester-Anteil", berichtet Rau über den Tragekomfort. Seit Neuestem hat er das österreichische Kurzarmhemd mit der österreichischen Cargohose an. Die Hose hat zur besseren Unterscheidung von anderen Uniformierten in Österreich seitlich je zwei silberne Streifen. Das betont den Uniformcharakter und erinnert an militärische Uniformen, auf denen Streifen auch gleich den Rang ausdrückten. Andreas Rau trägt die schlanke Größe 98, die modernen Schnitte zeigen ihn deshalb auch schlank. Die neue schusssichere Weste aus flexiblem ballistischen, aber luftundurchlässigem Material trägt kaum auf. Bislang gibt es Schutzwesten, die unter dem Diensthemd getragen werden und entsprechend unbequem werden können. Auch die Überbekleidung, zum Beispiel eine Funktionsjacke, wie man sie vom Trekking kennt, macht die Beamten nicht fülliger. Immerhin müssen sich die Beamten mit Uniform und dem Gerödel samt Dienstwaffe am Koppel in die engen Dienstfahrzeuge quetschen können.

Es ein Mehrschichtsystem, das die bayerischen Beamten gefordert hatte und das Andreas Rau jetzt testet, das in Kombinationen durch alle vier Jahreszeiten getragen werden kann. Großartige Unterschiede zwischen den Teilen aus Baden-Württemberg und Österreich hat Rau bislang nicht feststellen können. Alle seine Beobachtungen aber wird er bei vier Online-Befragungen während des Trageversuchs nennen müssen. Auch Verbesserungsvorschläge wünscht der Dienstherr zu hören, ob an einer Stelle vielleicht eine Tasche zusätzlich besser wäre oder an anderer Stelle ein weiterer Reißverschluss angebracht werden sollte.

Wenn Andreas Rau Ende März die Probeuniformen wieder zurückgeben wird, beginnt eine Auswertung aller Trageergebnisse, ehe es im Jahr 2016 offiziell zur Einführung der landauf, landab schon anerkannten blauen Polizeiuniform kommen wird. Ob die Hose dann noch Streifen haben wird, ob das Blau so dunkel sein wird wie jetzt und welche möglichen Kombinationen aus österreichischer und baden-württembergischer Kleidung entstehen könnten, das wissen die Probe-Träger freilich ebenso wenig wie Bayerns Innenminister Joachim Hermann, der vor wenigen Wochen die ersten Beamten öffentlichkeitswirksam in den Trageversuch schickte. Ungeklärt ist auch noch, was mit der bei vielen Beamten so beliebten schwarzen Lederjacke passiert. Ob sie noch Teil der Uniform sein wird, ist fraglich. Im Trageversuch wird sie laut Andreas Rau mit Blau jedenfalls nicht kombiniert. Eines jedenfalls scheint jetzt schon festzustehen: die Form der Dienstmütze - ganz in Blau zum Repräsentieren oder mit weiß für die Verkehrspolizei. Sie unterscheidet sich kaum vom grünen Vorgänger und wird wohl auch von der Firma hergestellt, die sicher auch noch die Schnitte Oestergaards kennt.

© SZ vom 16.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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