Mitten in Germering:Die Ehe als Marke

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Die Freien Wähler könnten es sich einfach machen. Doch sie finden für komplizierte Sachverhalte noch kompliziertere Lösungen

Von Christian Lamp

Bei den Freien Wählern ist man bekanntlich sachbezogen und eines auf keinen Fall: ideologisch. So dürfte es auch niemanden verwundern, dass die verzwicktesten Probleme im Nu gelöst werden könnten, wenn sich nur einmal die engagierten und bürgernahen Lokalpolitiker ihrer annähmen. So geschehen in Germering. Dort wurde der Streit um die Ehe für alle rasch und einfach aufgelöst.

Es ist Wahlkampfzeit, und mitten in der Versammlung der FW reckt ein älterer Herr energisch seinen Finger in die Luft. Wie sie es denn mit dieser Ehe für alle hielten, also weil - seine Stimme wird immer lauter - die Ehe das sei ja ganz klar, also ganz klar! eine Verbindung von Mann und Frau. Klar? Michael Piazolo, Landtagsabgeordneter aus München, wird es da etwas mulmig. Er flüchtet sich in Rechtspositivismus und verweist auf die bereits gefallene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, schon vorbei, müsse man gar nicht mehr diskutieren.

Bei der CSU hätten jetzt alle vielleicht Ruhe gegeben, weil's ja so ist, wie es ist, aber bei den Freien Wählern darf jeder eine andere Meinung haben. Also sieht der Bundestagskandidat für Germering, der Anwalt Harald von Herget, seine Zeit gekommen, und heroisch ergreift er die Chance, um innovativ diesen gordischen Knoten schnurstracks durchzuhauen. Denn er als Markenrechtler hätte da eine ganz spezifische Perspektive. Offensichtlich eine sehr feinfühlige: Die Ehe als historisch gewachsener und gesellschaftlich in diesem Verständnis klar verankerter Begriff, die sei doch im Prinzip wie eine jede Marke nun mal geschützt. Und da sollten sich diese Leute, also mit Verlaub, halt einfach einen neuen Namen überlegen! Zack. Problem gelöst.

Kann es denn so leicht sein? Regiert doch die Sprache unser Bewusstsein? Von Herget selbst bleibt einen konkreten Gegenvorschlag zwar schuldig, aber der Fantasie ist im Grunde keine Grenze gesetzt. Homo-Ehe als Synonym ist natürlich vorbelastet, hat außerdem die Ehe im Namen und ist bestimmt markenrechtlich problematisch. Wie wäre es aber, das gibt die sachbezogene deutsche Sprache auch ohne ideologischen Genderwahn her, mit "Gleichberechtigte-Lebensabschnitts-Regenbogen-Einhorn-Partnerschaft-vom-anderen-Stern"? Garantiert ohne Muff. Nur "heiraten" dürfen die ja dann auch nicht. Aber vielleicht hat Harald von Herget dafür einen eigenen Vorschlag.

© SZ vom 21.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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