Mitten in Fürstenfeldbruck:Radlos und ratlos

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Fahrradfreundlich möchte Bruck sein. Doch dazu gehört mehr, als nur ein paar weiße Streifen auf die Straße zu pinseln

Von Stefan Salger

Vor ein paar Wochen hat Fürstenfeldbruck den Boden seiner guten Stube weiß getüncht: Auf dem Marktplatz ist ein Radstreifen abmarkiert worden. Ein weiterer Meilenstein hin zur fahrradfreundlichen Stadt, ein weiterer Schritt, mit dem Bruck zu leuchtenden Vorbildern wie Kopenhagen oder auch Deutschlands fahrradfreundlichster Stadt Münster aufschließt. Die Brucker sollen aufs Zweirad steigen und in die Pedale treten, gerne mit elektrischer Unterstützung. Die offizielle Charmeoffensive zeigte bereits Wirkung. Nun aber scheint der Stadt der eigene Erfolg unheimlich zu werden. In beinahe schon spektakulärer Manier rudert sie zurück. Die elektrisierende Nachricht: Bruck will die Fahrradfahrer verbannen, hat ein Radverbot erlassen und untersagt von 10 Uhr an sogar "das Mitführen von Fahrrädern". In einer Mitteilung ist die Rede von einer "nicht tolerierbaren Zunahme von Fahrradfahrern". Radfahrverbote würden "völlig ignoriert". Personal sei deshalb nun angewiesen worden, "jede Zuwiderhandlung zu unterbinden". Wie bitte? Sind auf Brucks Straßen also wirklich nur Radlrambos unterwegs, die aus dem Verkehr gezogen gehören? Müssen die Städte ihr Herz für Autofahrer wiederentdecken? Gröbenzell ist schon einen Schritt weiter, dort werden bereits am Sonntag "zusätzliche Parkmöglichkeiten" für Autos eingerichtet. Ein genauerer Blick in die Unterlagen offenbart allerdings, dass sich die Verkehrswende auf eben diesen Tag beschränkt. Richtig, da ist Allerheiligen. Die Brucker dürfen also auch weiterhin mit dem Radl zu den Friedhöfen kommen. Nur drüber fahren oder schieben, so wie das auf dem Waldfriedhof leider fast schon Usus geworden ist, das solle man aus Sicherheitsgründen doch ganz besonders an diesem Tag bitte schön unterlassen, mahnt die Stadt. Auf dem Alten Friedhof in Bruck weist ein Zettel der Friedhofsverwaltung freilich auf eine schlummernde Gefahr hin, die noch bedrohlicher wirkt als geschobene oder irgendwo angelehnte Fahrräder. "Achtung! Unfallgefahr!", ist dort zu lesen. Und weiter: "Dieser Grabstein ist zur Zeit nicht ausreichend standsicher." Da hilft jetzt wohl auch kein Verbot.

© SZ vom 31.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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