Mitten in Fürstenfeldbruck:Himmlische Symbolpolitik

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Ein Spatenstich unter freiem Himmel - wozu ist da ein Schutzhelm nötig? Doch dann setzt ihn Brucks OB doch auf

Von Stefan Salger

Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen, soll Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt mal gesagt haben. Würden Politiker, die ihren Job ernst nehmen, den Spruch beherzigen, könnten sie sich gleich einen Stammplatz im Wartezimmer des Onkel Doktors reservieren. Denn Visionen, die mit Vorliebe in Wahlkämpfen skizziert werden, zählen schließlich zum Kerngeschäft der Politik. Brucks Oberbürgermeister Klaus Pleil ist jemand, der zu seinen Visionen steht. Er habe "Bock darauf, die Stadt zu gestalten" gab er erst jüngst bei der BBV-Versammlung zu Protokoll. Wie aber setzt man ein Zukunftsprojekt so ins rechte Licht, dass sich dem Bürger die Dimensionen in voller Wucht erschließen? Die Frage stellt sich letztens im Niemandsland zwischen Fürstenfeldbruck und Mammendorf. Da ist ein Haufen Kies aufgeschüttet, dahinter ist der Oberboden abgetragen und es klafft ein morastiges Loch. Das Windrad aber, das hier bis zum Herbst in die Höhe wachsen soll, muss man sich dazudenken. Und so greifen Politiker sowie Vertreter und Partner der Stadtwerke nach bewährtem Muster zu silbrig schimmernden und von Arbeit gänzlich unbefleckten Spaten. Im Gleichtakt fliegt der Kies fotogen durch die Luft und landet wieder dort, wo er zuvor bereits lag. Hatte Sisyphos noch allen Grund, über seine sinnlose Steinrollerei zu verzweifeln, so erfüllt diese Illusion des ersten Spatenstichs alle Erwartungen: Der Zeitungsleser sieht am nächsten Tag dort Kies fliegen, wo sich irgendwann einmal, etwas weiter oben, die Rotorblätter drehen.

Einem freilich sind leise Zweifel an der künstlerischen Inszenierung gekommen: Brucks OB. Hier ist freies Feld, kein Bergwerk, keine Fabrik, keine Baustelle. "Da kann doch gar nichts runterfallen", sinniert Pleil. Dann aber besinnt er sich vielleicht jenes Amtskollegen aus einem fernen Dorf: Majestix, Häuptling von Asterix und Obelix, rechnet jeden Moment damit, dass den Galliern der Himmel auf den Kopf fällt. Und so setzt Pleil schließlich auch artig den weißen Bauhelm auf. Manchmal muss man sich etwas einfach fest genug einbilden.

© SZ vom 12.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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