Mitten in Fürstenfeldbruck:Der Brucker Zwergenturm

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Um die Parkplatzwüste auf dem Viehmarktplatz aufzumöbeln, wäre die Vogelperspektive nicht schlecht

Kolumne von Stefan Salger

Manchmal wünscht man sich einen Blick auf Bruck von höherer Warte, es muss ja nicht gleich der Himmel sein. Der Blick würde bestimmt über eine ansehnliche Stadt schweifen. Nur die Parkplatzwüste auf dem Viehmarktplatz würde besonders stark ins Auge stechen.

Ein Turm, der die Vogelperspektive erschließen würde, kommt freilich nicht über Planskizzen hinaus. Eigentlich wollte das von den Bürgern favorisierte Architekturbüro seiner virtuos geschwungenen Markthalle einen Turm als architektonischen Glanzpunkt zur Seite stellen. Der fällt nun dem Rotstift zum Opfer. Zudem glaubt Oberbürgermeister Raff, dass die Nachbarn wegen des Schattenwurfs Einspruch einlegen würden. "Beliebt macht man sich damit nicht", pflichtet sein Vize Christian Götz bei.

Was für eine vertane Chance! Was wäre Pisa ohne schiefen Turm? Was wäre Abensberg ohne den Kuchlbauer-Turm, der die Handschrift Friedensreich Hundertwassers trägt. Was wäre Paris ohne Eiffelturm? Was wäre München ohne Fernsehturm nebst Drehrestaurant?

Jaja, schon gut, es gibt auch ein paar kleinkrämerische Gegenargumente: Eisen als Baumaterial erfülle nicht die Vorgaben der Stadt für Wärmedämmung und Klimaschutz. Bruck vermeide die Gefahr, im Zuge des Turmbaus im babylonischen Sprachengewirr zu versinken. Ein Drehrestaurant in einem viereckigen Turm sei eine verzwickte Sache. Vor allem aber, so wird kolportiert, sei das ganze Projekt mit viel zu wenig Ehrgeiz vorangetrieben worden, orientiere sich zu stark an Paragrafen und der Länge der Feuerwehr-Drehleiter. Ganze sechs Geschosse waren geplant. Die Leute aus Pisa kringeln sich vor Lachen: Allora, versuchen Sie mal, sechs Etagen so schief aufs Fundament zu stellen, dass das pittoresk genug ist für die Liste der Weltwunder. Und von höherer Warte kann man aus dem sechsten Stock - also auf Augenhöhe mit den Hochhausbewohnern im Brucker Westen - schon gar nicht auf die Stadt herunterblicken.

Dann lieber gleich der Markthalle aufs Dach steigen, soll dieses doch begehbar werden. Wenn man's sich nun so recht überlegt: Den eckigen, aufrechten Zwergenturm von Bruck, der lange Schatten wirft, den wird gewiss niemand vermissen.

© SZ vom 14.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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