Mitten in Alling:Der Ort der Liebe

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Eine Gemeinde schlägt zur Imagewerbung romantische Wege ein

Von CHRISTIAN HUFNAGEL

Alling einen Touristenort zu nennen, wäre ein wenig arg hoch gegriffen. Die Fallhöhe der Erwartungen hinab auf den Boden der Wirklichkeit wäre durchaus schwindelerregend. Unter der Rubrik "sehenswert" kann selbst die Homepage der Gemeinde nur die fünf Sakralbauten auf ihren Fluren auflisten. Eine Kirchenführung mag aber wohl nicht einmal einen Pilgerstrom auslösen. Der Urlauber an sich würde wenig bis nichts vorfinden, was ihn zum Verweilen einladen könnte. Reste von Viereckschanzen aus der Römerzeit dürften da nicht genügen und von der einstigen Burganlage hat die ganze Geschichte gleich gar nichts mehr übrig gelassen. Diese architektonische Überschaubarkeit drückt sich selbst in der Lagebeschreibung eines Hotels mit dem vielsagenden Namen "Lichtblick" aus - "in ländlicher Umgebung, ruhig am Rande des Gewerbeparks".

Vor diesem etwas tristen Gewerbehallenhintergrund ist die Gemeinde bemüht, Attraktionen zu schaffen. Unlängst verkündete sie, dass das Entenhaus im Starzelbach nun "schöner als je zuvor" erstrahle. Eine Dachdeckerei und eine Malerei haben das putzige Mini-Gebäude "gründlich renoviert" und diesem einen "adretten Landhaus-Anstrich" verpasst. Ob das nun reicht, in den Rang einer Sehenswürdigkeit aufzusteigen, wird sich zeigen. Anziehungskraft erhofft man sich im Rathaus offenbar von einem ganz anderen Thema: der Liebe. "Als einzige Gemeinde im Landkreis haben wir eine Hochzeitwiese." Und dieses Alleinstellungsmerkmal soll nun mit einer weiteren Neuerung ausgebaut werden, gewissermaßen mit einem Romantikpaket für Brautpaare. Denn nicht nur, dass sich die Liebenden schon seit einiger Zeit auf einer Anhöhe in freier Natur das Ja-Wort geben können, sie erhalten nun auch noch ein "bildschönes Familienstammbuch", wie jüngst eine Pressemitteilung das neue Druckwerk preist.

Auf dem Einband finden sich anheimelnde Impressionen aus dem Ort - von einer lichtdurchfluteten Allee bis zum Schwan unterm Abendrot. So ist man stolz darauf, "viel Romantik für den schönsten Tag im Leben" bieten zu können. Ein Lockruf, der vielleicht weit über die eigenen Grenzen hinaus gehört wird und der kleinen Gemeinde zu Ruhm und (Heirats-)Touristen verhilft - als der Ort der Liebe. Sinnfällig in diese Richtung kann schließlich auch das Motto eines Festes der Landjugend in der kommenden Woche interpretiert werden: "Alling brennt."

© SZ vom 09.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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