Messe "Vocatium":Erfolgsmodell Berufsorientierung

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Auch wenn insgesamt fast 2000 Schüler zu der Ausbildungsmesse Vocatium ins Veranstaltungsforum Fürstenfeld kommen, geht es verhältnismäßig gesittet zu. (Foto: Johannes Simon)

Die Messe für Ausbildung und Studium "Vocatium" ist professionell organisiert. Und so erfolgreich, dass die steigende Zahl an Ausstellern bereitwillig die Kosten für ihren jeweiligen Stand bezahlt

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck

Die Zeiten, als sich unzählige Schulabgänger für einen Ausbildungsplatz bewarben, sind längst vorbei. Inzwischen hat sich die Situation fast ins Gegenteil verkehrt: Viele Betriebe buhlen um wenige potenzielle Auszubildende. Die Beliebtheit der professionellen Messe für Ausbildung und Studium "Vocatium" belegt dies. Denn obwohl die Aussteller, also Unternehmen, Behörden, Akademien und Kammern für ihren Messestand am gestrigen Dienstag und heutigen Mittwoch in Fürstenfeld zahlen müssen, sind es mit insgesamt 42 zwei mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Schüler hat von circa 1600 auf 2000 zugenommen.

Für die Kreishandwerkerschaft jedenfalls hat sich das Engagement gelohnt. "Ich freue mich über 274 Anmeldungen", sagt Schreinermeister Harald Volkwein, bei einem von den Veranstaltern vom Institut für Talententwicklung organisierten Pressegespräch. Während sich jedoch in seiner Berufssparte viele Schulabgänger für ein 20 Minuten dauerndes Gespräch angemeldet haben, seien es bei den Metzgern nur vier, berichtet Volkwein in seiner Eigenschaft als Kreishandwerksmeister. Bezüglich der Anwerbung von Nachwuchskräften betont er: "Wir könnten uns gar nicht leisten, nicht da zu sein."

Wie Nicole Mause-König vom Institut für Talententwicklung erläutert, hat sich die seit rund 15 Jahren existierende Berufsmesse Vocatium bundesweit zum Erfolgsmodell entwickelt. Für den ganzen Großraum München begannen die Veranstalter 2008 mit einer Messe. Sie fand auch damals schon wiederholt im Veranstaltungsforum statt. Weil das Interesse so groß war, gibt es für München seit vorigem Jahr eine eigene Messe. Sie beginnt in zwei Wochen und findet im MVG-Museum statt. Für die Veranstaltung in Fürstenfeldbruck kommen nach Auskunft von Projektleiterin Tabea Fritz-Schüler auch aus den angrenzenden Landkreisen sowie aus München. Insgesamt beteiligen sich 26 Schulen, von der Mittelschule bis zum Gymnasium.

Zum Konzept von Vocatium gehört es, dass die Messe durch die Veranstalter in den Schulen vorbereitet wird. Fritz zufolge gehen Mitarbeiter in die Klassen und briefen die Schüler sowohl inhaltlich als auch formal, etwa dass ein fester Händedruck und ein direkter Blick in die Augen zur Begrüßung einen guten Eindruck machen. Des weiteren können sich die Schüler im Vorfeld in einem Handbuch über die ausstellenden Firmen informieren. Und sie können sich für bis zu vier Gesprächstermine anmelden. Die Veranstalter koordinieren alle Termine so, dass eine Schulklasse nicht länger als zwei Stunden auf der Messe benötigt, wie Mause-König erläutert.

"Für die Mittelschüler ist es wichtig, dass sie merken, welch breites Spektrum an Berufen ihnen offen steht", lobt Christin Wagner die Vocatium. Sie ist bei der Agentur für Arbeit speziell für die unter 25-Jährigen zuständig und findet es besonders wertvoll, dass es die Vocatium den Schülern durch die verbindlichen Gesprächstermine ermöglicht, etwas Routine in der Bewerbungspraxis zu erlangen. "Rauszugehen ist eine Supersache", bekräftigt Katrin Müller-Albertshofer, im Landratsamt für die Ausbildungs- und Bildungsberatung zuständig.

Auch die Leiterin des staatlichen Schulamts, Gabriele Kraußer, äußert sich dankbar über "kompetente Partner" bei der Berufsorientierung. Letztere sei in der jüngeren Vergangenheit an den Schulen sehr verbessert worden. Klaus Knörr, Brucker Sparkassenchef und Vorsitzender der Wirtschaftsseite beim Arbeitskreis Schule - Wirtschaft, verweist darauf, dass viele Studenten ihr Studium abbrechen würden, weil sie merkten, dass es ihren Vorstellungen nicht entspreche. Der volkswirtschaftliche Schaden sei immens. Die richtige Berufsorientierung, angeboten bei solchen Veranstaltungen, könne dem entgegenwirken, wirbt Knörr. Ganz so auf die reinen Zahlen will Kraußer das nicht sehen. "Ob ein Umweg immer eine Fehlentwicklung ist, weiß ich nicht." Mancher finde auch gerade auf dem vermeintlichen Umweg seinen wahren Traumberuf.

© SZ vom 06.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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