Wahlkampf:Miskowitsch soll Bocklet beerben

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Die CSU entscheidet sich unter vier Bewerbern für den jüngsten und kürt den 33-jährigen Mammendorfer zu ihrem Direktkandidaten für die Landtagswahl. Konkurrent Oliver Simon unterliegt nur knapp

Von Heike A. Batzer, Fürstenfeldbruck

Abstimmung: Reinhold Bocklet (rechts), der seit 24 Jahren Landtagsabgeordneter für die CSU ist, hatte im Vorfeld keinen Kandidaten für seine Nachfolge protegiert. Wem er seine Stimme gegeben hat, will er nicht verraten. Die Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler (links) beobachtet ihn. (Foto: Günther Reger)

Die erste Gratulantin sitzt neben ihm und hat nicht nur einen räumlichen Startvorteil, sondern als Ehefrau auch einen emotionalen: Benjamin Miskowitsch lässt sich drücken von seiner Herzensdame, der Mammendorfer wird im Herbst versuchen, als Direktkandidat der CSU im Stimmkreis Fürstenfeldbruck-Ost in den Landtag einzuziehen. Danach kommen die Händeschüttler und Schulterklopfer vorbei. Der 33-Jährige hat gerade eben eine neue Stufe auf der Karriereleiter genommen, nun gilt ihm alle Aufmerksamkeit. Das Erbe, das er antreten soll, ist kein geringes und deshalb spricht er am Freitagabend nach seiner Wahl im Mammendorfer Bürgerhaus auch "von der großen Verantwortung", die er nun übernehme. Und bedankt sich umgehend bei seinen drei Mitbewerbern: "Wir hatten eine faire Zeit miteinander. Es hat Spaß gemacht mit Euch!"

Miskowitsch ist ein geselliger und lebensfroher Mensch, und man nimmt ihm ab, dass er auch im politischen Wettstreit mit den Konkurrenten umgänglich bleiben kann. Als junger Mann trat er 2005 in die CSU ein. 2008 wurde er in den Gemeinderat von Mammendorf gewählt, 2014 in den Kreistag. Die Kommunalpolitik möchte er auch im Fall seiner Wahl in den Landtag nicht aufgeben, den Beruf aber wohl: Derzeit arbeitet er als Geschäftsstellenleiter beim Brucker Kreisboten-Verlag.

Benjamin Miskowitsch gestikuliert während seiner Bewerbungsrede im Mammendorfer Bürgerhaus. (Foto: Günther Reger)

Als einer von zunächst fünf Bewerbern für die Nachfolge des Mandats des langjährigen CSU-Abgeordneten Reinhold Bocklet war Miskowitsch angetreten. Dieter Rubenbauer, der ehemalige Gröbenzeller Bürgermeister, zog dann noch vor der ersten Kandidatenvorstellung wieder zurück, weil er - so war zu hören - offenbar keine Lust auf einen Ministerpräsidenten Markus Söder hatte. Übrig blieb ein Bewerberquartett, bestehend aus Gabriele Dietrich, 52, aus Egenhofen, der stellvertretenden CSU-Kreisvorsitzenden und einzigen Frau, dem Überraschungskandidaten Andreas Hörl, 41, aus Olching sowie dem Germeringer Oliver Simon, 39, dem neben Miskowitsch die besten Chancen eingeräumt wurden. Am Ende liegen die Auguren richtig, Simon und Miskowitsch schaffen es in die Stichwahl, Dietrich und Hörl sind mit 13 und 14 Stimmen im ersten Wahlgang schnell aus dem Rennen. Simon liegt mit 53 Stimmen zunächst sechs Stimmen vor Miskowitsch, verfehlt dabei aber die notwendige absolute Mehrheit der 127 abgegebenen gültigen Voten.

Ein zweiter Wahlgang muss her und diesmal bekommt Benjamin Miskowitsch, der Jüngste im Feld, jene sechs Stimmen mehr. Das Ergebnis - 66 zu 60 - fällt denkbar knapp aus. Entsprechend betreten schaut der Unterlegene drein. "Die Enttäuschung ist groß. Ich hätte es sehr gerne gemacht", sagt Oliver Simon der SZ, während seine Parteifreunde aus Germering, wo er dem Ortsverein vorsteht, ihm Mut zusprechen. "Ich kann mir keinen Vorwurf machen", sagt er noch: "Das ist Demokratie."

Leid und Freud: Oliver Simon sucht Halt bei seiner Frau Sandra. (Foto: Günther Reger)

Dass eine demokratische Abstimmung genau so funktioniert, das werden hinterher noch andere betonen, die Bundestagsabgeordnete Katrin Staffler zum Beispiel. Auch sie hatte sich bei ihrer Nominierung im Vorjahr gegen mehrere Mitbewerber durchzusetzen. "Jeder der Vier hätte es verdient", sagt sie am Freitag diplomatisch: "Es war ein offenes Rennen."

An zwei Diskussionsabenden hatten die vier Kandidaten sich und ihre politischen Schwerpunkte im Vorfeld vorgestellt, so dass Benjamin Miskowitsch am Freitag komplett darauf verzichtet, sich thematisch zu äußern. "Sie sollen mich als Person kennen lernen!", ruft der den Delegierten zu. Das Los entscheidet, dass er als letzter seine Bewerbungsrede vorbringen darf. Auch er bedankt sich - wie zuvor Oliver Simon - bei seiner Ehefrau und erhält dafür Applaus, auch er wählt - wie Oliver Simon - ein Motto für sich: "Mit Hirn, Bauch und Herz" will er für seine politische Überzeugung eintreten. Simon war zuvor der einzige Redner, der Bezug nimmt auf Reinhold Bocklet. Diesen wolle er sich "als Vorbild nehmen", sagt Simon. Sein Motto: "Da sein, zuhören, handeln."

Bocklet, 74, der sein Mandat nun nach 24 Jahren im Landtag einem Jüngeren überlassen wird, hatte zuvor Rückblick gehalten über wenigstens die letzten fünf Jahre seines Wirkens, dabei die Flüchtlingspolitik gestreift, den Straßenbau im Landkreis und die zweite Stammstrecke, die - das kündigt er seinem Nachfolger gleich an - ein Dauerthema bleiben werde. Es gibt Wein für ihn und Blumen für seine Frau, die Delegierten erheben sich zum Applaus von ihren Sitzen. Er erliege aber nicht dem Versuch, ihn jetzt schon zu würdigen, sagt Landrat und CSU-Kreisvorsitzender Thomas Karmasin, denn es bestehe kein Zweifel, dass Bocklet bis zum letzten Tag seinen Abgeordnetenpflichten nachkommen werde. Die Frage, ob sein persönlicher Favorit gewonnen habe, will Bocklet nicht beantworten, sagt stattdessen: "Es ist der Mehrheitswille der Delegierten."

Der Nachfolgekandidat lächelt sich derweil durch den restlichen Abend. "Er ist halt ein Strahlemann - und Schwiegermutters Liebling", sagt Andreas Hörl und grinst. Von nun an ist Miskowitsch vor allem Kandidat, der Wahlkampf steht bevor. Doch Termine zu absolvieren, zu den Menschen zu gehen, sagt Miskowitsch, "das war für mich noch nie eine Belastung".

© SZ vom 05.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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