Kurz vor der Stichwahl:Bitterböse Reaktionen

Lesezeit: 2 min

Gut gemeint hat Erich Raff seine Werbepost, doch sie kam bei vielen Adressaten nicht gut an. (Foto: Günther Reger)

OB-Kandidat Erich Raff verschickt an über 65-Jährige persönliche Briefe und erntet dafür einige Kritik

Von Gerhard Eisenkolb, Fürstenfeldbruck

Spricht ein Kandidat Wähler in einem persönlich gehaltenen Brief mit dem Familiennamen an, kann das durchaus kontraproduktiv wirken. Diese Erfahrung macht kurz vor der Stichwahl am Sonntag Erich Raff, der sich für das Oberbürgermeisteramt in Fürstenfeldbruck bewirbt. Ganze sieben Sätze umfasst sein CSU-Wahlwerbebrief an alle Brucker, die das 65. Lebensjahr überschritten haben. Aber diese Sätze haben es in sich. Zuerst bedankt sich der Bewerber für die Unterstützung des Briefempfängers bei der OB-Wahl. Dann schreibt er: "Mit Ihrer Stimme habe ich es ins ,Endspiel' um den Titel des Oberbürgermeisters geschafft, das jetzt ,Fürstenfeldbruck gegen Gröbenzell' heißt."

Leser, die Raff tatsächlich gewählt haben, werden sich vielleicht wundern und fragen, woher er das weiß. Und diejenigen, die für einen anderen stimmten oder nicht wählten - das ist bei einer Wahlbeteiligung von 44,9 Prozent die Mehrheit -, können sich über diese Art, vereinnahmt zu werden, richtig ärgern. Von entsprechenden negativen, aber auch von positiven Reaktionen berichtet denn auch der Absender auf SZ-Nachfrage offen. Und Raff ist so ehrlich einzuräumen, dass nun einiges hochkoche und er jetzt nicht mehr jedem Empfänger unterstellen würde, im ersten Wahlgang seinen Namen angekreuzt zu haben. Andererseits sagt der CSU-Politiker: "Es ist, wie es ist". Und er beteuert, zum Inhalt zu stehen. Schließlich könne man jede Aussage so und so sehen und alles hineininterpretieren. Raff berichtet, auch viel Ärger und "bitterböse Briefe" für seinen Wahlslogan "Fit für Bruck" bekommen zu haben. Dies sei, was er nicht beabsichtigte, als Anspielung auf den erkrankten OB Klaus Pleil missverstanden worden.

Unverfänglicher und sachlich formuliert dagegen Martin Runge, Raffs Mitbewerber von BBV und Grünen. Er schreibt in einem in Briefkästen gesteckten Flugblatt: "Auch darf ich die Gelegenheit nutzen, mich bei all denjenigen von Ihnen zu bedanken, die mir bereits im ersten Wahlgang ihr Vertrauen geschenkt haben." Raff räumt denn auch ein, die Wähler bewusst emotional anzusprechen. Dies begründet er damit, dass sich die Kandidaten acht Wochen lang, auch bei Podiumsdiskussionen, sachlich über Inhalte ausgetauscht hätten. Nach Einschätzung des CSU-Kandidaten ist dabei herausgekommen, dass es keine großen Unterschiede zwischen ihm und Runge gebe. "Ich bin genauso gut", sagt Raff. Daraus zieht er die Schlussfolgerung, Fürstenfeldbruck brauche keinen Ortsfremden, der die Geschicke der Stadt leite. Diese Haltung bringt der dritte Satz zum Ausdruck, der lautet: "Mit Ihrer Unterstützung haben wir eine sehr gute Basis geschaffen, auf der wir uns aber nicht ausruhen können, wenn wir den Vorsitz der Stadt nicht an Gröbenzell verlieren möchten." Bei naiven Lesern könnte der falsche Eindruck entstehen, es stehe am Sonntag die Selbständigkeit der Kreisstadt auf dem Spiel. Für andere, wie den BBV-Vorsitzenden Klaus Quinten, ließ dieser Satz zuerst nur eine Schlussfolgerung zu. Es müsse sich um ein Fake handeln, sagt Quinten, da solche Formulierungen der CSU nicht zuzutrauen seien.

Ein Trost bleibt Raff immerhin. Er ist froh, wie er sagt, "wenn am Sonntag alles vorbei ist". Alles, was er jetzt noch tue, werde negativ ausgelegt. Mache er nichts, dann passe das einigen auch wieder nicht.

Im Vergleich hierzu ist der Ärger des Gegenkandidaten mit Wahlprospekten relativ klein. Runge berichtet von lediglich zwei Beschwerden, weil Prospekte in Briefkästen mit der Aufschrift "Werbung verboten" landeten.

© SZ vom 18.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: