Kommentar:Vorbild für Europa

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Die Gemeinderäte von Schöngeising und Lallio zeigen, wie europäische Politik funktionieren kann

Von Andreas Ostermeier

Die Gemeinden Schöngeising und Lallio zeigen, wie europäische Politik bei der Bewältigung der Zuwanderung von Flüchtlingen funktionieren kann. Nicht gegenseitige Schuldzuweisungen helfen weiter, sondern gegenseitiges Zuhören. Statt dauernder Appelle an die Solidarität des anderen gilt es, erst einmal dessen Erfahrungen und Sichtweisen kennen zu lernen. Die Kommunalpolitiker aus Schöngeising und seinem italienischen Partnerort Lallio haben dies am Wochenende getan. Sie haben ein ernstes und wichtiges Thema diskutiert. Das ist bemerkenswert und ungewöhnlich für ein Treffen zwischen Partnergemeinden.

Freilich haben die Kommunalpolitiker aus den beiden Orten keine Patentlösungen gefunden, wie sich der Zuzug der vielen Flüchtlinge bewältigen lässt. Das war auch nicht zu erwarten. Ohnehin repräsentieren die Vertreter der beiden Gemeinden nur gut 6000 Einwohner der Europäischen Union. Doch das Treffen hat deutlich gemacht, dass die Aufgabe der Integration der vor Krieg und Verfolgung Geflohenen nur an der Basis, also in den Kommunen gelöst werden kann. Denn dort kommen die Flüchtlinge an und dort wohnen die Leute, die bei der Eingewöhnung helfen können, die Kontakte herstellen, Sprachnachhilfe geben, zur Behörde mitgehen oder eine Wohnung finden können.

Europa ist aus der Überzeugung heraus entstanden, dass Menschen, die sich kennen, nicht aufeinander schießen, wie das in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in zwei Weltkriegen der Fall gewesen ist. Zu diesem Kennenlernen haben die Gemeindepartnerschaften in den vergangenen Jahrzehnten viel beigetragen. Nun müssen Flüchtlinge in Europa integriert werden. Wieder geht es darum, Menschen kennen zu lernen, die bislang fremd waren. Die Kommunalpolitiker aus Schöngeising und Lallio haben mit ihrem Treffen gezeigt, dass sie diese Aufgabe gemeinsam angehen wollen und dass durch die dafür nötige Zusammenarbeit auch die europäische Integration gewinnen kann.

© SZ vom 12.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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