Kommentar:Souvenirs reichen nicht

Lesezeit: 1 min

Das Rathaus prägt Gröbenzell. Vor dem Abriss muss deshalb über das Ortsbild im Zentrum diskutiert werden

Von Gerhard Eisenkolb

Im Jahre 2002, also vor nicht langer Zeit, durften in Gröbenzell die letzten Reste des ehemaligen und mehrmals umgebauten Gröbenhüterhauses dem Erdboden gleichgemacht werden. Damit verschwand, was von der Keimzelle der Gemeinde geblieben war. Damals begnügte man sich damit, Teile wie einige Balken des Dachstuhls zu erhalten. Nun hat der Gemeinderat das erst vor 43 Jahren fertiggestellte Rathaus zum Abbruch freigegeben. Auch hier gelten einige Kunstwerke als erhaltenswert. Und der Heimatverein der Gröbenhüter will zumindest das tun, was der Gemeinderat bisher versäumt hat, und darüber diskutieren, ob nicht wenigstens einige Elemente der markanten Betonfassade des Architekten Götz-Dieter Raths erhaltenswert sind. Es fragt sich, ob diese minimalistische Einstellung gerade in einer Gemeinde, in der die Lebensqualität und die Erhaltung des Ortscharakters zu den Lieblingsbegriffen der Bürger und Kommunalpolitiker gehören, der richtige Umgang mit Gebäuden ist, die den Ort lange geprägt haben. Es ist ein grundlegender Unterschied, ob Gebäude oder Fassaden als Ganzes erhalten werden, oder ob von ihnen nur einige Souvenirs als historisches Feigenblatt bewahrt werden.

Selbstverständlich hätte im Zusammenhang mit dem Abriss diskutiert werden müssen, welche Folgen es für das Ortszentrum hat, wenn das die Nordseite dominierende Rathaus durch einen Neubau ersetzt wird. Die Gestaltung des Rathausplatzes und des Ensembles zwischen den zwei Kirchen und dem Bürgerhaus entfaltet ja erst durch das Zusammenspiel aller Gebäude und Elemente seine Wirkung. Hier lassen sich nicht einzelne Häuser beliebig herausbrechen und durch Neubauten ersetzen. Wer das tut, muss wissen, dass er ein sensibles Zusammenspiel aller Elemente verändert und damit auch die Lebensqualität in der Ortsmitte. Beim Umfeld des Rathauses kann mit Recht von einer gelungenen Ortsgestaltung gesprochen werden. Dass so etwas in einer Abrissdebatte unberücksichtigt bleibt, dafür aber Fragen wie die Wirtschaftlichkeit eine Rolle spielen, ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die in Gröbenzell mit dem gleichen Argument jeden Fleck zubauen und dem Rest der Gartenstadt den Garaus machen.

© SZ vom 28.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: